Auf Wunsch mit Integrationshilfe

Aktiver Störlichtbogenschutz in Schaltanlagensystemen

Auf Wunsch mit Integrationshilfe

Energieschaltgeräte-Kombinationen nach der DIN EN 61439-2 (Schaltanlagen in der Niederspannung) müssen, wie jedes in der EU in Verkehr gebrachte Produkt, mit einem CE Zeichen markiert sein. Damit wird deklariert, dass das Betriebsmittel ‘Schaltanlage’ den Sicherheitsanforderungen der europäischen Richtlinien entspricht. Maßgebend für Schaltanlagen nach der DIN EN 61439-2 ist die Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU. In der Bundesrepublik Deutschland wird diese Richtlinie in der Ersten Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (1. ProdSV) umgesetzt. Die Konformität wird anhand von Normen nachgewiesen.

Ein Störlichtbogen ist ein nicht betriebsmäßiger Lichtbogen, der einer Explosion gleicht, innerhalb von Millisekunden eine sehr hohe Energie entwickeln kann und dadurch unter anderem hohe Temperatur- und Druckentwicklung erzeugt. (Bild: Hager Electro GmbH & Co. KG)

Ein Störlichtbogen ist ein nicht betriebsmäßiger Lichtbogen, der einer Explosion gleicht, innerhalb von Millisekunden eine sehr hohe Energie entwickeln kann und dadurch unter anderem hohe Temperatur- und Druckentwicklung erzeugt. (Bild: Hager Electro GmbH & Co. KG)

Bei der Auslegung der Schaltanlage muss beurteilt werden, ob z.B. das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) oder Ansprüche hinsichtlich der Betriebsverfügbarkeit weitere Anforderungen an die Schaltanlage bedeuten. Um dieses zu beurteilen, muss der Aufstellungsort der Schaltanlage betrachtet werden, z.B. elektrisch im Netzwerk, physisch am Aufstellungsort. Dazu ist immer eine Gefährdungsbeurteilung inkl. einer Netzberechnung vor der Auslegung der Schaltanlage zu empfehlen. Eine Hilfe bietet hier das Black-Box-Konzept der DIN EN 61439-2, Anhang BB. Hier werden die elektrischen Daten, die Aufstellungsbedingungen sowie Daten zur Bedienbarkeit, Wartung und Erweiterung aufgenommen und zwischen Anwender und Hersteller der Schaltanlage ausgetauscht. Eventuelle Gefährdungen können hier dokumentiert werden und in die technische Auslegung der Schaltanlage einfließen.

Gefahren durch elektrischen Strom

Störlichtbögen in Schaltanlagen stellen neben der elektrischen Körperdurchströmung eine besonders hohe Gefahr für Personen und Schaltanlagen dar. Ein Störlichtbogen ist ein nicht betriebsmäßiger Lichtbogen, der einer Explosion gleicht, innerhalb von Millisekunden eine sehr hohe Energie entwickeln kann und dadurch unter anderem hohe Temperatur- und Druckentwicklung erzeugt. Personen sind hier in Gefahr, verletzt zu werden. Die Schaltanlage kann so stark beschädigt werden, sodass es zu einer längeren Betriebsunterbrechung kommen kann. Ein Störlichtbogen kann z.B. durch menschliches Fehlverhalten oder durch technisches Versagen von Teilen der Schaltanlage herbeigeführt werden und ist daher nicht vollständig auszuschließen. Eingeleitet wird er meist durch einen metallischen Kurzschluss oder ein anderes leitfähiges Medium, welches sich dann in einen Lichtbogen ausprägt. Für Schaltanlagen nach DIN EN 61439-2 wird anhand eines Bauartnachweises die Konformität belegt. Dieses erfolgt durch Prüfungen, Berechnungen und Herleitungen. Das Verhalten einer Schaltanlage bei Auftreten eines Störlichtbogens innerhalb der Schaltanlage ist nicht Teil des Bauartnachweises. Dieses muss zwischen dem Hersteller der Schaltanlage und dem Anwender gesondert vereinbart und nach den Anforderungen der DIN EN 61439-2, Beiblatt 1 geprüft werden. Das Ergebnis einer Gefährdungsbeurteilung unterstützt hier den Anwender und zeigt einen eventuellen Handlungsbedarf auf.

Maßgebend hinsichtlich Richtlinienkonformität innerhalb der EU für Schaltanlagen nach der DIN EN 61439-2 ist die Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU. (Bild: Siemens AG)

Maßgebend hinsichtlich Richtlinienkonformität innerhalb der EU für Schaltanlagen nach der DIN EN 61439-2 ist die Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU. (Bild: Siemens AG)

Konstruktion erhöht die Sicherheit

Die geeignete Auswahl des Schaltanlagenaufbaus kann Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Störlichtbogens nehmen. Eine Fachbildung innerhalb der Schaltanlage erschwert das Einleiten bei der Bedienung oder Wartung. Diese ‘Innere Unterteilung’ wird mit der Angabe der Form bezeichnet, z.B.
Form 1 hat keine innere Unterteilung – Form 4b bietet die Unterteilung von Sammelschienenraum, Geräteräumen untereinander sowie von Anschlussräumen
untereinander. An dieser Stelle sei aber noch darauf hingewiesen, dass ein höherer Grad an innerer Unterteilung einen negativen Einfluss auf die Abfuhr der Verlustwärme hat und somit auch kontraproduktiv sein kann. Eine weitere Möglichkeit, die Wahrscheinlichkeit eines Einleitens eines Störlichtbogens zu reduzieren ist die störlichtbogengeschützte Ausführung einer Schaltanlage. Hier werden die spannungsführenden aktiven Teile einer Schaltanlage elektrisch isoliert. Die Isolierung muss den Anforderungen der DIN EN 61439-2, Beiblatt 1 entsprechen. Sie ist im Beiblatt 1 als Störlichtbogenklasse I definiert. In komplexen Schaltanlagen stellt sich die Realisierung als aufwendig dar und erlaubt meist auch keine nachträgliche Wartung oder Thermographie der isolierten Schienen. Als
eine praktikable Lösung zum Schutz von Personen und eingeschränkt auch zum Schutz von Schaltanlagen, hat sich der passive Störlichtbogenschutz etabliert. Dieser beinhaltet z.B. konstruktive Maßnahmen, durch die die Gefahr von Personen weggeleitet werden soll und je nach Ausführung des passiven Schutzes der Schaden auf einen definierten Raum begrenzt wird. Bei Verwendung des passiven Störlichtbogenschutzes kann die Schaltanlage im Fehlerfall so stark beschädigt werden, dass diese vollständig ersetzt werden muss und die Versorgungssicherheit dadurch stark eingeschränkt oder unterbrochen ist. Um dieses zu vermeiden,
können zusätzliche Systeme eingesetzt werden, die die Energie des Störlichtbogens begrenzen und dadurch die Schäden auf ein Minimum reduzieren.

Der modulare Aufbau des Störlichtbogen-Schutzsystems Dehnshort ermöglicht eine individuelle und flexible Auslegung und lässt sich daher sehr einfach erweitern. (Bild: Siemens AG)

Der modulare Aufbau des Störlichtbogen-Schutzsystems Dehnshort ermöglicht eine individuelle und flexible Auslegung und lässt sich daher sehr einfach erweitern. (Bild: Siemens AG)

Komplettschutz mit aktiven Störlichtbogenschutz-Systemen

Aktive Störlichtbogenschutz-Systeme erfassen die Lichtbogen-typischen Signale über z.B. Lichtsensoren und Stromwandler. Angeschlossen an elektronischen Erfassungsgeräten wird nach Auftreten eines Störlichtbogens ein ultraschnelles Schaltgerät mit der Funktion eines Kurzschließers aktiviert, welches gemäß DIN EN IEC 60947-9-1 als Löschgerät bezeichnet wird. Dieses baut innerhalb von Millisekunden einen parallelen Strompfad mit geringerem Widerstand zum Lichtbogen auf. Dadurch kommutiert der Strom vollständig auf diesen neuen Strompfad. Der Vorgang vom Erkennen bis zum Verlöschen des Lichtbogens dauert nur wenige Millisekunden. Die durch den Störlichtbogen entstandene Energie ist so gering, dass die Schaltanlage nach Beheben der Fehlerursache und Austausch der Löschgeräte sofort wieder einschaltbereit ist. Das Störlichtbogenschutz-System Dehnshort arbeitet nach diesem Prinzip. Der modulare Aufbau ermöglicht eine individuelle und flexible Auslegung und lässt sich daher sehr einfach erweitern. Die elektronischen Erfassungsgeräte werden in die Front einer Schaltanlage eingebaut, sodass alle Anzeigen für den Anwender ohne Öffnen der Schaltanlage sofort verfügbar sind. Multifunktionale Bedienelemente erleichtern das Inbetriebsetzen und Überprüfen. Die speziellen Lichtsensoren werden in den relevanten Bereichen der Schaltanlage montiert. Das Dehnshort Löschgerät DSRT QD II ist modular aufgebaut. In Drehstromnetzen kommen zwei dieser Löschgeräte zum Einsatz. Dies erlaubt einen sehr platzsparenden Einbau in der Schaltanlage.

Integration in Schaltanlagen

Die Integration eines Störlichtbogenschutz-Systems in Schaltanlagen bedarf einer besonderen Sorgfalt. Ein Störlichtbogen muss sicher erkannt und schnell gelöscht werden. Dazu müssen z.B. die
Lichtsensoren und Stromsensoren einen Störlichtbogen eindeutig erkennen – auch in ungünstigen Positionen. Neben der sicheren Störlichtbogenlöschung muss die Fehlauslösesicherheit des Systems bei Schaltlichtbögen, welche z.B. von Leistungsschaltern bei der Abschaltung von Kurzschlussströmen emittiert werden, gegeben sein. Die Verbindungen zwischen der Schaltanlage und den Löschgeräten müssen nach Aktivierung den mechanischen Kräften des Stromes standhalten. All diese Anforderungen werden in Prüfungen nachgewiesen. Die Bewertung der Prüfergebnisse erfolgt nach der DIN EN 61439-2 Beiblatt 1 sowie optional mit weiteren Angaben. Dehn unterstützt Schaltanlagenhersteller bei der Integration des Dehnshort, beispielsweise in Sivacon S8 Anlagen von Siemens (Bilder 2 und 3). Neben der Unterstützung bei der Integration und den Prüfungen werden die Technologie-Partner auch durch Dehn geschult. Zusätzlich zum Theoriewissen des aktiven Störlichtbogenschutzes wird auch der Einbau praktisch an einer Schaltanlage vermittelt. Bei realen Projekten erhalten die Partner weitere Unterstützung, sodass das Wissen vertieft werden kann.

Stand der Technik

Das aktive Störlichtbogenschutz-System Dehnshort bietet einen maximalen Schutz gegen die Auswirkungen bei Störlichtbögen. Integriert und geprüft nach DIN EN 61439-2, Beiblatt 1 wird ein hoher Schutz von Anlagen und Personen erreicht. Die Versorgungssicherheit ist gegeben, das System ist in Bezug auf Störlichtbogenschutz ‘Stand der Technik’ und unterstützt damit die Forderungen des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG).

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