Flächendeckender Rollout bis 2032

DIN VDE0603-100 definiert technische Mindestanforderungen

Flächendeckender Rollout bis 2032

Der fünfte und letzte Teil der Normen-Serie im Schaltschrankbau betrachtet die veränderten technischen Anforderungen zur Installation von digitalen Zählerplätzen. Aufgrund der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) und des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende kommen diese künftig zum Tragen. Im Fokus der Neuerungen steht die Einführung intelligenter digitaler Messeinrichtungen, sogenannter Smart Meter. Nach Schätzungen der Deutschen Energie-Agentur (dena) soll deren flächendeckender Rollout bis 2032 die Installation von ca. 35 Mio. modernen Messeinrichtungen nach sich ziehen.

Messsystem auf Zählerplatz mit BKE-I-Technik (Bild: Schneider Electric GmbH)

Messsystem auf Zählerplatz mit BKE-I-Technik (Bild: Schneider Electric GmbH)

Ein großes Geschäftspotenzial für Elektrofachbetriebe bei dessen Erschließung genaues Wissen um gesetzliche Vorgaben und normative Kenntnisse einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil mit sich bringen. Alle physikalischen Veränderungen, die im Schaltschrank für die Unterbringung der Messsysteme zukünftig erforderlich sind, wurden als Mindestanforderungen im Entwurf der DIN VDE0603-100 beschrieben und geben dem Schaltschrankbauer eine detaillierte Anleitung zur sicheren Installation der intelligenten Messgeräte.

Die Energielandschaft hat sich in den vergangenen Jahren enorm verändert: Intelligente Steuerungen für Wohn- und Zweckbauten, die Eigenproduktion von Energie mittels Photovoltaik und deren Einspeisung in das öffentliche Netz, Speichersysteme, Elektromobilität und nicht zuletzt der anhaltende Prosumer-Trend stellen Energieversorger vor große Herausforderungen.

Messsystem auf Zählerplatz mit 3-Punkt-Befestigung (Bild: Schneider Electric GmbH)

Messsystem auf Zählerplatz mit 3-Punkt-Befestigung (Bild: Schneider Electric GmbH)

Um in diesem veränderten Energiemix die Netzspannung und Frequenz stabil zu halten und die Versorgungssicherheit garantieren zu können, ist die zeitnahe und exakte Regelung von Stromerzeugung und Stromverbrauch zwingend erforderlich. Möglich wird dies durch die Auswertung relevanter Messdaten wie Einspeisung, Verbrauch, Spitzenlasten oder zeitliche Parameter wie Sonnenverlauf und Jahreszeiten. Weitere Einflussgrößen kommen aus den Anwendungen der Prosumer-Welt: Haben Privatpersonen Ladestationen für ihr Elektroauto installiert? Nutzen sie die Energie ihrer Photovoltaikanlage für den eigenen Verbrauch, oder haben sie gar eigene Batteriesysteme zur Speicherung in Betrieb? Auch diese Daten werden idealerweise erfasst, um auf Basis ihrer Auswertung die Zu- und Abschaltung wie auch die Umlenkung von Energie im Verteilernetz zu steuern. Voraussetzung hierfür sind allerdings intelligente Messsysteme.

Vom Ferrariszähler zum Smart Meter Gateway (SMG)

Durch die veränderten technischen und netzrelevanten Parameter der genannten Messsysteme verändern sich die Installationsanforderungen an Zählerplätze und Schaltschränke jedoch entsprechend. Denn der einfache Schrank, welcher im Wesentlichen den Ferrariszähler zur Abrechnung des Stromverbrauchs beherbergte, hat heute ausgedient. Dieser noch analoge Zählertyp wurde vom digitalen Zähler ohne Kommunikationseinheit, der modernen Messeinrichtung (mME) abgelöst und nur kurze Zeit später zum sogenannten intelligenten Messsystem (iMSys) mit integrierter Kommunikationseinheit weiterentwickelt. Mit dem Einbau dieser iMSys, die seit 2017 optional und bei bestimmten Stromabnahmebedingungen verpflichtend sind, ist die digitale Transformation im Zählerschrank jedoch noch nicht abgeschlossen: Zukünftig werden die sogenannten Smart Meter Gateways (SMG) die entscheidende und zentrale Rolle zur Erfassung der elektrischen Energieverteilung in Wohn- und kleineren Zweckbauten spielen. Die leistungsstarken Messsysteme mit ihren digitalen Funktionen stellen naturbedingt neue physikalische Anforderungen an ihre Zählerschrankumgebung – entsprechend ausgestattet müssen demnach künftig auch die Schaltschränke sein.

 Messsystem auf Zählerplatz mit 3-Punkt-Befestigung (Bild: Schneider Electric GmbH)

Messsystem auf Zählerplatz mit 3-Punkt-Befestigung (Bild: Schneider Electric GmbH)

Der Zählerplatz wird getunt

Um diese veränderten Bedarfe normativ abzubilden, wurde die DIN VDE0603-100 (Installationskleinverteiler und Zählerplätze AC 400V) angepasst und der Entwurf mit Erscheinungsdatum 13. April 2018 der Öffentlichkeit zur Prüfung und Stellungnahme vorgelegt. Im Wesentlichen gehen die Empfehlungen des Arbeitskreises bei der Unterbringung von Messsystemen auf Zählerplätzen im Innen- und Außenbereich auf die Art und Verlegung von Datenleitungen und auf die Befestigung von Betriebsmitteln der Messsysteme oder Schutzklassen und -arten ein. Auch Isolierung und elektromagnetische Verträglichkeit werden in der Norm behandelt. Die Besonderheit bei der Installation von intelligenten Smart Meter Gateways liegt jedoch in der Integration der verschiedenen Netzwerke (siehe Bild 2). Sie sind durch das SMG untereinander wie auch mit der Außenwelt verbunden und kommunizieren miteinander. Für die Elektrofachkraft stellt die Anbindung der Netzwerke eine spezielle Herausforderung dar, welche sich dann auch im größten Kapitel der Norm (Punkt 4) widerspiegelt: Hier thematisiert der Arbeitskreis die kreuzungsfreie Verlegung von LMN-, HAN-, WAN- und CLS-Schnittstellen, deren Querverdrahtungen und maximale Verlustleistungen sowie Fehlerströme, Antennenleitungen und Umgebungsbedingungen.

Smart Meter Gateways haben einen festen Platz

 Messsystem auf Zählerplatz mit BKE-I-Technik (Bild: Schneider Electric GmbH)

Messsystem auf Zählerplatz mit BKE-I-Technik (Bild: Schneider Electric GmbH)

Nun handelt es sich bei einem intelligenten Messsystem nicht um eine kleine Einheit, die einfach auf eine Hutschiene geklickt wird. Es fällt in der Normensprache unter die sogenannten Zusatzanwendungen und hat je nach Befestigungsart seinen speziell zugewiesenen Raum: Handelt es sich um eine 3-Punkt-Befestigung, werden Zusatzanwendungen wie Smart Meter Gateways oder andere Kommunikationsanbindungen direkt auf dem Zähler installiert (Bild 3), also zwischen dem oberen anlagenseitigen Anschlussraum (AAR) und dem unteren netzseitigen Anschlussraum (NAR). Weist der Zählerplatz jedoch eine integrierte Befestigungs- und Kontaktiereinrichtung (BKE) auf, ist für Zusatzeinrichtungen ein separates Feld (RfZ) zwischen den Zählerplätzen und dem oberen Anschlussraum vorgesehen (Bild 4). Die Abbildungen in der Norm geben darüber hinaus Aufschluss über die Leitungsverlegung zur Anbindung mehrerer Zähler an ein Smart Meter Gateway auf Zählerplätze mit BKE-I-Technik wie auch auf Zählerplätze mit 3-Punkt-Befestigung.

Fazit

Die Notwendigkeit zur Netz- und Ressourcensteuerung seitens der Energieversorger in einer zunehmend diversifizierten Energielandschaft in Deutschland ist gepaart mit dem Wunsch der Stromkunden nach transparenten und tarifoptimierten Verbrauchsdaten. Die hierfür zwingend erforderlichen Messdaten liefern Smart Meter und Smart Meter Gateways. Deren Einbau in den Schaltschrank erfordert einige Anpassungen, die in dem 15 Seiten umfassenden Entwurf DIN VDE 0603-100 normativ beschrieben sind. Die fünf detailgetreuen Abbildungen über die Anordnung und Befestigungsarten von Messsystemen auf Zählerplätzen mit beispielsweise BKE-I-Technik und 3-Punkt-Befestigung oder die Anbindung mehrerer Zähler an ein Smart Meter Gateway, ergänzen die Texte des Normenentwurfs beispielhaft und liefern dem Schaltschrankbauer damit praktische Anleitungen zur sicheren Installation der intelligenten Messsysteme.

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