Modular aufgebautes Filtersystem

Modular aufgebautes Filtersystem

Wertschöpfung bleibt beim Schaltanlagenbauer

In heutigen Energieversorgungsnetzen kann eine mangelnde Spannungsqualität schwerwiegende Auswirkungen haben, wie z.B. den Ausfall von Frequenzumrichtern, Fehlfunktion von elektronischen Steuerungen oder auch den Stillstand von gesamten Produktionsanlagen. Während die primären Kosten, wie die Beschädigung von Betriebsmitteln, noch überschaubar sind, können immense sekundäre Kosten durch Stillstandzeiten, Produktionsausfälle und Ausschusskosten entstehen.

Aufbau eines SΦfia-Mod-Filtermoduls (100A). Wichtigster Bestandteil und Gehirn des Filters ist die intelligente Steuereinheit. (Bild: Condensator Dominit GmbH)

Zudem entstehen enorme finanzielle Risiken, da die Hersteller der Frequenzumrichter und Produktionsanlagen von der Gewährleistungspflicht befreit sind, wenn die entsprechenden Normen zur Spannungsqualität nicht eingehalten werden. Folgende Phänomene können die Spannungsqualität beeinträchtigen: niederfrequente Oberschwingungen, höherfrequente Oberschwingungen aufgrund von Resonanzen, Taktfrequenzen und Kommutierungseinbrüchen, Probleme mit der Spannungshöhe und Blindleistung. Für jedes dieser Spannungsqualitätsprobleme bietet das Portfolio der Condensator Dominit eine Produktlösung. Schwerpunkt dieses Artikels ist die Vorstellung der GridClass-Mod Produktreihe, die als integrierbare Schaltschranklösung Oberschwingungsprobleme in allen Frequenzbereichen löst.

Zunehmender Einsatz von Leistungselektronik

Der derzeitige Wandel unseres Energieversorgungssystems ist geprägt durch den zunehmenden Einsatz von Leistungselektronik. Die Integration regenerativer Energien, der Einsatz von LEDs, Unterhaltungselektronik und die Ansteuerung von Motoren durch Frequenzumrichter führen dazu, dass der Anteil nicht-linearer Verbraucher in unseren Netzen zunimmt. Diese Verbraucher nehmen allesamt Oberschwingungsströme auf, die nicht proportional zur Spannung sind und somit nicht der Grundschwingung (50Hz) entsprechen. Die Oberschwingungsströme treten typischerweise in niederen Frequenzbereichen bis 2,5kHz auf und sind bestimmte ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz, z.B. entspricht die 5. Ordnung 250Hz. Ohne den Einsatz geeigneter Filtermaßnahmen trifft dieser Strom im Netz auf die Netzimpedanz. Gemäß dem ohmschen Gesetz verursacht der Oberschwingungsstrom über der Netzimpedanz einen Spannungsfall, der sich der Grundschwingung überlagert und die Netzspannung verzerrt. Neben den Oberschwingungsströmen kann auch eine Erhöhung der Netzimpedanz, aufgrund einer Resonanz, zu Spannungsqualitätsproblemen führen. Resonanzen entstehen durch Kapazitäten, die in EMV-Filtern, ausgedehnten Kabelnetzen oder unverdrosselten Kompensationsanlagen vorhanden sind. In Kombination mit der Induktivität des Transformators bildet sich ein schwingungsfähiges System aus. Dies führt zu einer Erhöhung der Netzimpedanz an der Resonanzstelle, sodass bereits ein kleiner Oberschwingungsstrom die Resonanz anregen und enorme Störpegel hervorrufen kann. Resonanzen lassen sich nur mit der Einbringung von verlustbehafteter Dämpfung ins Netz beheben.

 Sfia-Prinzip: Impedanzverlauf eines Sfia-Filters für die 5. Oberschwingung mit vier Stufen. Durch die Schaltung von Kondensatorstufen verschiebt sich der Impedanzverlauf zu einer anderen Abstimmfrequenz. (Bild: Condensator Dominit GmbH)

SΦfia-Prinzip: Impedanzverlauf eines SΦfia-Filters für die 5. Oberschwingung mit vier Stufen. Durch die Schaltung von Kondensatorstufen verschiebt sich der Impedanzverlauf zu einer anderen Abstimmfrequenz. (Bild: Condensator Dominit GmbH)

Neues Wertschöpfungspotential

Zur Bewertung der Spannungsqualität in einem Industrienetz gibt die IEC61000-2-4 als Produktleitnorm im Frequenzbereich bis 2,5kHz fest definierte Grenzwerte für die maximal zulässige Spannungsverzerrung vor. Wenn diese Grenzwerte überschritten werden, dürfen Betriebsmittel und Prozesse gestört werden, ohne dass deren Hersteller in Haftung genommen werden kann. Letztlich ist der Betreiber der Industrieanlage für die Einhaltung der Spannungsqualitätskriterien verantwortlich und muss somit geeignete Filtermaßnahmen installieren. Hier bietet sich für Schaltanlagenbauer ein neues Wertschöpfungspotential, diese Filterlösungen in ihre Schaltschrankkonzepte zu integrieren. Zur Verbesserung der Netzqualität und Einhaltung der Grenzwerte existieren verschiedene Filtertechnologien, die sich grundsätzlich in aktive und passive Filter unterscheiden. Die Produktreihe GridClass-Mod, bestehend aus SΦFIA-Mod und RεSI-Mod, ist ein Filtersystem, das die Vorteile der unterschiedlichen Filter in einem modularen System kombiniert. Das kombinierte Filter bewirkt im gesamten Frequenzspektrum eine breitbandige Filterwirkung und dämpft Resonanzen. Aufgrund der modularen Bauweise ermöglicht GridClass-Mod eine hohe Anpassungsfähigkeit und Erweiterbarkeit entsprechend der jeweiligen Filteranforderungen. Schaltanlagenbauer können von dieser Flexibilität profitieren, da sich die Filtermodule einfach in Anlagen integrieren und auf die benötigte Leistung erweitern lassen. So können Schaltanlagenbauer ihrem Kunden ein ganzheitliches Produkt anbieten und die Sicherung der Spannungsqualität in ihre Wertschöpfungskette mit aufnehmen. Die erste Komponente in einem modularen Filtersystem ist das 100 A-Modul SΦfia-Mod, welches ein ‚Spannungsgeführtes Oberschwingungsfilter mit intelligenter Anpassung‘ ist. Das SΦfia-Filter ist seit 2016 durch ein europäisches Patent (European patent No. 3065247) geschützt und das derzeit am häufigsten installierte Filtersystem in der weltweiten Automobilfertigungsindustrie.

Aufbau eines RεSI-Mod-Filtermoduls (Bild: Condensator Dominit GmbH)

 

Permanente Nachregelung

Im Gegensatz zu klassischen passiven Filtern, die aus einer Kombination eines Kondensators und einer Induktivität eine bestimmte Saugwirkung bei definierten Frequenzen bewirken, stellt das SΦfia-Filter seine Stromaufnahme, in Abhängigkeit von der Belastung des Netzes und unter Berücksichtigung anderer Rahmenbedingungen, mit Hilfe einer intelligenten Steuereinheit selbstständig ein. So werden spätere Veränderungen in den Netzen und steigende oder sinkende Pegel nachgeregelt, sodass immer ein optimales Filterergebnis erzielt wird. Der wesentliche Nachteil von passiven klassischen Filtern, welche sich im Überlastfall abschalten, also gerade dann, wenn sie am meisten benötigt werden, kann mit SΦfia-Filtern überwunden werden. Neben Passivfiltern sind Aktivfilter zur Sicherstellung der Spannungsqualität weit verbreitet. Aktivfilter sind gesteuerte Gleichrichter, die den Oberschwingungsstrom im Netz messen und dann mittels Ansteuerung der Leistungshalbleiter einen entgegengesetzten Strom zur Kompensation einspeisen. Das Kompensationsprinzip von Aktivfiltern ist folglich stromgeführt und unterscheidet sich von der spannungsgeführten Arbeitsweise passiver Filter. Aufgrund des stromgeführten Filterprinzips können Aktivfilter nur diskrete Oberschwingungen, also Vielfache der Grundschwingung reduzieren und haben im Vergleich zu Passivfiltern keine breitbandige Filterwirkung. Darüber hinaus ist die größte filterbare Frequenz durch die Taktfrequenz des aktiven Gleichrichters begrenzt. Weitere wesentliche Vorteile von passiven Filtern gegenüber Aktivfiltern sind die geringere Verlustleistung und die geringeren Anschaffungs- und Betriebskosten. SΦfia-Mod kombiniert die Vorteile der passiven Filter: Kostengünstige breitbandige Filterwirkung mit geringen Verlusten und die Flexibilität eines Aktivfilters. SΦfia-Mod bietet somit ein universell einsetzbares Filter, das sich selbstständig an die Netzsituation anpasst.

Impedanzverlauf eines RεSI-Filters. Beispiel: Netz 50MVA, Transformator 630kVA, Kabel 100μF + RεSIMod-400/50-25kvar. (Bild: Condensator Dominit GmbH)

Einbringung von Dämpfung

In einem Netz mit vorhandenen oder drohenden Resonanzen kann, in Ergänzung zum SΦfia-Filter, ein RεSI-Filter (Resonanz-Eliminations-System) modular in einen Schaltschrank integriert werden, um passende Dämpfung in das Netz einzubringen. Neben der Resonanzbedämpfung kann das RεSI-Modul außerdem hochfrequente Störpegel, hervorgerufen durch Taktfrequenzen bzw. Kommutierungseinbrüchen, signifikant reduzieren. Die Kombination aus Kondensatoren und Induktivitäten in einem Netz bilden, gemäß der Thomsonschen Schwingungsgleichung f = 1 / (2 * * Wurzel (L*C)), ein schwingungsfähiges System bei einer bestimmten Frequenz aus. Klassische Filter, sowohl aktiv als auch passiv, können Spannungsverzerrungen aufgrund von Resonanzen nicht reduzieren. Die einzige Möglichkeit zur Reduktion von resonanzbedingten Spannungspegeln ist das Einbringen von Dämpfung. Dämpfung wird durch Energieentnahme realisiert. Im Energieversorgungsnetz wird Energie in Widerständen in Wärme umgewandelt und so dem System entzogen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum klassische Filter Resonanzpegel nicht bekämpfen können. Passive Filter bringen Kondensatoren und Drosseln in das Netz ein, aber keinen Dämpfungswiderstand. Somit verschiebt sich das Resonanzproblem – gemäß der Thomsonschen Formel – nur zu einer anderen Frequenz, wird aber nicht bedämpft. Auch Aktivfilter können Resonanzen nicht eliminieren da sie, aufgrund des stromgeführten Kompensationsprinzips, Oberschwingungsströme mit einer falschen Phasenlage einspeisen. Im schlimmsten Fall können Aktivfilter sogar Resonanzen anregen, weswegen sie eine Resonanzerkennung implementiert haben sollten. Wenn eine Resonanz erkannt wird, werden bei der entsprechenden Ordnung keine Ströme eingespeist. Abbildung 4 zeigt wie der Impedanzverlauf eines Netzes, durch die Einbringung eines RSI-Filters, positiv verändert wird. Der blaue Verlauf zeigt die Impedanzkurve eines typischen Energieversorgungsnetzes, die durch die induktive Charakteristik des Transformators geprägt ist. Durch das Einbringen einer Kapazität entsteht eine Resonanzstelle zwischen der 40. und 45. Ordnung (s. rote Linie). Es genügt ein geringer Anregestrom bei der Resonanzfrequenz, um die Resonanz anzuregen. Ist die Dämpfung im System nicht ausreichend, fängt das Netz an zu schwingen. Schlimmstenfalls kann es sich bis zur Zerstörung von Betriebsmitteln aufschaukeln. Die grüne Linie zeigt den Impedanzverlauf bei Einbringung eines RεSI-Filters und die daraus resultierende Dämpfung.

Resümee

Durch die stetige Zunahme von leistungselektronischen Verbrauchern mit nicht-linearen Kennlinien steigt die Belastung in unseren Stromnetzen. Niederfrequente Netzrückwirkungen durch Frequenzumrichter und höherfrequente Störungen führen dazu, dass die Grenzwerte der Normen zur Spannungsqualität überschritten werden. Eine Verletzung der Norm kann zu Betriebsausfällen, Prozessstörungen oder gar der Zerstörung von Betriebsmitteln führen. Der Einsatz von geeigneten Filtermaßnahmen, wie sie in der GridClass-Mod Produktreihe durch die Kombination eines intelligenten Passivfilters SΦfia-Mod mit einem Filter zur Resonanzdämpfung RεSI-Mod realisiert sind, bleibt somit oftmals unabdingbar. Das Konzept der GridClass-Reihe bietet eine Möglichkeit, die Vorteile von klassischen passiven und aktiven Filterkonzepten miteinander zu vereinen, ohne dabei deren Schwächen, wie z.B. eine erhöhte Verlustleistung oder komplizierte Auslegungen, in Kauf nehmen zu müssen. Die Kombination aus SΦfia-Mod und RεSI-Mod erzielt einen breitbandigen Filtereffekt. Durch die modulare Bauweise lassen sich Filtermaßnahmen einfach und flexibel per ‚Plug&Play‘ in Schaltschränke integrieren bzw. bestehende Anlagen können um die Filtermodule erweitert werden.

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