Verschmutzter Strom belastet Betriebskosten

Risikominderung durch Power-Management-Systeme

Verschmutzter Strom belastet Betriebskosten

Täglich wird in Unternehmen eine Vielzahl von Investitionsentscheidungen anhand von Risikoeinschätzungen getroffen. Im Fokus stehen dabei meist Güter, deren Buchwert in der CapEx-Spalte steht. Das heißt, ihre Anschaffung wird als ‚Kapitalausgabe (Capital Expenditure)‘ über Jahre abgeschrieben und macht in der Aktiva der Bilanz eine gute Figur. Sie ist berechenbar und stellt eine verlässliche Größe auch für prognostizierte Bilanzierungen dar. Ganz im Gegensatz zu ihrer wankelmütigen Schwester, der OpEx (Operational Expenditure), also den Betriebsausgaben. Sie sind abhängig vom schwankenden Verbrauch an Betriebsmitteln, von volatilen Rohstoffpreisen auf den Weltmärkten und von geopolitischen Einflussgrößen wie globalen Handelstarifen oder multilateralen Zollbestimmungen. Aber sind Betriebskosten ein Thema für Schaltschrankbauer?

 (Bild: Schneider Electric GmbH)

(Bild: Schneider Electric GmbH)

Ja, denn der Energieverbrauch in der Niederspannungsanlage stellt einen maßgeblichen Teil der genannten OpEx-Ausgaben dar. Laut einer 2016 veröffentlichten Studie der Weltbank bewerten Unternehmen die elektrische Energie sogar als das drittgrößte „Hindernis“ bei betrieblichen Entscheidungen. Aber woran liegt das? Und wie kann aus dem dynamischen Kostentreiber Strom eine kalkulierbare betriebswirtschaftliche Größe werden? Die Komplexität des Produktes ‚Strom‘ lässt hier keine einfache Antwort zu. Üblicherweise ist der Hersteller für die Qualität seiner Waren verantwortlich. Aufgrund der spezifischen Eigenschaft von Strom hängt dessen Güte jedoch ganz wesentlich auch vom Kunden und den bei ihm angeschlossenen Verbrauchern ab. Gültige Qualitätsparameter sind hier zuverlässige Verfügbarkeit, eine stabile Spannung von 230V und eine gleichbleibende Frequenz von 50,2Hz. Durch intelligentes Netzmanagement werden diese Kriterien seitens der EVUs überwiegend erfüllt. Worauf Betriebsleiter, Geschäftsführer oder Facility Manager jedoch Einfluss nehmen können, ist die Qualität des zur Verfügung gestellten Stroms ab dem Zeitpunkt des Übergangs von der Mittel- in die Niederspannung. Hier bietet sich eine der wichtigsten Stellschrauben, um über die Senkung der Energie- und Wartungskosten auch die variablen Kosten in der Bilanz auf ein berechenbares und stabiles Niveau zu bringen.

 Ganzheitlich integrierte Power Management Systeme sorgen für einen sauberen Stromfluss. (Bild: © Rawpixel.com ; shutterstock.com / Scheider Electric GmbH)

Ganzheitlich integrierte Power Management Systeme sorgen für einen sauberen Stromfluss. (Bild: © Rawpixel.com ; shutterstock.com / Scheider Electric GmbH)

Alte Netze und neue Technologien

Um die Zusammenhänge von Netzqualität und Lastabnehmern einordnen zu können, ist ein Blick in die Vergangenheit nötig. In den vergangenen Jahrzehnten wurden in der Elektrotechnik Produkte in rasanter Geschwindigkeit entwickelt und neue Lösungen haben ihre eigene Infrastruktur überholt: Elektrische Verteilernetze, die vor 30 Jahren für den Antrieb von beispielsweise Motoren oder Abfüllanlagen entwickelt wurden, versorgen heute Maschinen, Gebäude oder Datacenter, die mit den neuesten Energiespar- und Steuerungstechnologien – typischerweise nichtlineare Lasten – ausgestattet sind. Bei nichtlinearen Lasten handelt es sich um Verbraucher, die nichtsinusförmige Signale aufnehmen, also mehr oder weniger starke Oberschwingungen erzeugen und so die Sinusform der Ausgansspannung verzerren. Unter nichtlineare Lasten fallen unter anderem:

  • Industrieanlagen (Schweißmaschinen, Lichtbogenöfen, Induktionsöfen)
  • Drehzahlvariable Antriebe
  • Ältere USV-Anlagen
  • Büroausstattung (Computer, Drucker, etc.)
  • Haushaltsgeräte (Fernseher, Mikrowellenherde, Leuchtstofflampen)
  • Geräte mit magnetischer Sättigung (z.B. Transformatoren)

‚Dirty Power‘ – der Schmutz im Netz

Oberschwingungen bewirken nun eine Vielzahl von Störungen oder Beschädigungen in der Niederspannungsanlage. So können Motoren, Kondensatoren, Kabel oder Transformatoren überhitzen und schlimmstenfalls einen Brand verursachen. Maschinen, Anlagen und Geräte verschleißen schneller, ihr Lebenszyklus verkürzt sich oder sie fallen bei einem Ereignis gleich komplett aus. In der Folge verzögern sich Prozesse und Anlagenstillstände drohen, mit teils erheblichen Folgekosten. Aber nicht nur die Produktivität sinkt – auch gesundheitliche Beeinträchtigungen wie Kopfschmerz oder Müdigkeit bei zu schnellen Spannungsänderungen (Flicker) sind zu befürchten. In der Fachliteratur werden diese durch nichtlineare Lasten hervorgerufenen Verunreinigungen als Netzverschmutzung (Dirty Power) bezeichnet. Die Kompensation einer unzuverlässigen Stromversorgung aufgrund von Dirty Power bestand nun lange Zeit darin, teure Redundanz zu kaufen (überdimensionale Transformatoren, mehrere Versorgungsleitungen, Backup-Erzeugung, USV mit einem Raum voller Akkus, usw.) und auf das Beste zu hoffen. Der Redundanzansatz hilft zweifelsohne, einen Stromausfall oder eine Störung zu überwinden, aber – und das ist entscheidend – er wird die Ursachen nicht beseitigen.

Power Management Systeme entlarven Ursachen

Einen Ansatz, um die Quelle dieses verschmutzen Stroms zu identifizieren und ihn sauber in die Niederspannungsanlage fließen zu lassen, bieten ganzheitlich integrierte Power Management Systeme. Mit dem vollständigen Zugriff auf umfängliche Messdaten analysieren sie Netzereignisse und erlauben prädiktive Maßnahmen. Voraussetzung hierfür sind der Einsatz erstklassiger Mess- und Analysesysteme. Hier bietet die Industrie heute hochdifferenzierte Produkte an, deren Leistungsspektrum oft weit über normative Anforderungen hinausgeht. Mit einer zertifizierten Genauigkeitsklasse von 0,1S ist beispielsweise das Netzmessgerät Power Logic ION9000 von Schneider Electric der derzeit präziseste Zähler am Markt. Über eine Software (Onboard-Power-Quality-Tool) liefert das Gerät neben rohen Messdaten und Toleranzabweichungen nützliche Analysen wie die intelligente Ereignisanalyse: Erfasste Werte werden automatisch korreliert und zeigen zugehörige Trends, Ereignisse und Störschriebe auf der Grundlage von Zeit und Art des Vorfalls auf. Das erspart aufwändige Recherchezeit und liefert wichtige datenbasierte Aussagen und Erkenntnisse über Vorfälle vor und nach dem Störereignis. Integriert im ION9000 ist auch die dringend erforderliche 24/7 Überwachung, denn Störungen in der Energieverteilung sind oft einzigartig oder treten nur sporadisch auf und erfordern deshalb eine permanente Verlaufsmessung. Denn eine weitere Besonderheit des Produktes ‚Strom‘ ist die Tatsache, dass Energie direkt bei seiner Erzeugung verbraucht wird. Sie wird nicht im Sinne von Lagerhaltung aufbewahrt und macht somit eine zeitlich versetzte Qualitätskontrolle unmöglich. Die Messung und Bewertung der gelieferten und verbrauchten Spannungsqualität müssen also immer in Echtzeit erfolgen.

Fazit

Wollen Anlagenbetreiber und Gebäudemanager ihre Betriebskosten – von denen zwischen 30 und 50 Prozent auf das Konto ‚Energieverbrauch‘ geht – senken, stabilisieren und somit kalkulierbarer machen, ist die Implementierung eines Power Management Systems (PMS) angezeigt. Mit den Werkzeugen eines PMS können Ursachen für unsauberen Strom identifiziert und Maßnahmen zur Neutralisierung ergriffen werden. Der sogenannte ‚Dirty Power‘ verursacht Unregelmäßigkeiten und Störungen in der Niederspannungsanlage und führt schlimmstenfalls zu Ausfallzeiten von Maschinen. Prädiktive Maßnahmen aufgrund der Netzanalysen durch ein PMS ’säubern‘ den Strom bei Übergang in die Niederspannung und senken nicht nur die betrieblichen Folgekosten des Energieverbrauchs, sondern lassen den Posten ‚Energie‘ als berechenbare Größe in die Bilanz einfließen.

Beispiel paradoxer Energieziele:

In einem Lebensmittel- und Getränkewerk werden hocheffiziente Kompressormotoren als Teil einer Kosteneinsparstrategie eingesetzt. Sie verringern den Energieverbrauch und senken die Energiekosten signifikant. Allerdings erzeugen die leichteren und elektronisch gesteuerten Motorwicklungen Oberschwingungen. Ein Raum voller Kompressoren wird also eine dramatische Verbesserung des Energieverbrauchs zeigen, aber die durch die entstehenden Oberschwingungen auftretende ‚Netzverschmutzung‘ wirkt sich auf die Leistung benachbarter Geräte aus, verkürzt unter Umständen die Lebenszyklen von Anlagen, beeinträchtigt im schlimmsten Fall die Qualität der Endprodukte und verschlechtert in letzter Konsequenz die Energiebilanz.

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