Eine neue Dimension

Eine neue Dimension

Die Schaltschrankplanung befindet sich aktuell im Wandel. Planer und Schaltschrankbauer tun deshalb gut daran, ihren Blick in Richtung 3D-Konstruktion zu richten. Denn sie bietet nicht nur Vorteile bei alltäglichen Aufgaben, sondern schafft die Voraussetzung für die Automatisierung von Geräteinstallation, Verdrahtung und Inbetriebnahme.

 Die dreidimensionale Schaltschrankplanung hat viele Vorteile, die letztendlich in der automatisierten Auswahl und digitalen Prüfung münden, was Zeit und Kosten spart. (Bild: Siemens AG)

Die dreidimensionale Schaltschrankplanung hat viele Vorteile, die letztendlich in der automatisierten Auswahl und digitalen Prüfung münden, was Zeit und Kosten spart. (Bild: Siemens AG)

Digitalisierte Prozesse gehören heute in allen Bereichen der Industrie zum Stand der Technik – so auch im Schaltschrankbau. Den Stromlaufplan auf dem Reißbrett zu erstellen gehört schon lange der Vergangenheit an – der elektrische Aufbau des Schaltschranks wird selbstverständlich am PC durchgeführt. Der Markt bietet eine Reihe von Softwaretools, die Elektroplanung effizienter machen, und Hersteller liefern für ihre Produkte Daten, die von den E-CAD-Tools benötigt werden. Nächster Schritt nach der Erstellung des Schaltplans: die Planung des Schaltschrankaufbaus – traditionell in 2D – mit einer Software, in der jedem Produkt sein Platz im Schaltschrank zugewiesen wird. Eine entscheidende Entwicklung zur weiteren Effizienzsteigerung und Qualitätsverbesserung ist die dreidimensionale Planung des Schaltschranks. Diese neue Dimension der Schaltschrankplanung erzeugt viele Vorteile. Allein durch die exakte Kenntnis sämtlicher Raum- und Anschlussinformationen der zu verbauenden Geräte sieht der Planer sofort, ob die Schaltschranktiefe genügt und sich beispielsweise die Türen schließen lassen bzw. die Abstände so großzügig bemessen sind, dass kein Wärmestau auftritt. Neben der raumgenauen Planung der Geräte wird dann auch eine millimetergenaue Verdrahtung möglich, wenn sie vom System berechnet und durchgeführt wird. Schaltschrankbauer müssen dann keine Prototypen mehr bauen bzw. aufwändig selbst die Kabellängen berechnen. Das Ergebnis sind Verbesserungen im gesamten Verlauf der Planung und Verdrahtung von Schaltschränken – bis hin zur selbständigen Erkennung von Verdrahtungsfehlern oder der Vermeidung von Verschnitt und Verdrahtungsabfällen durch die exakte Vorkonfektionierung der Kabel.

 Erste Systeme gibt es bereits, die den digitalen Zwilling nutzen, um z.B. Kabellängen, Kabelwege sowie optimale Befestigungsmöglichkeiten automatisiert zu ermitteln. (Bild: Siemens AG)

Erste Systeme gibt es bereits, die den digitalen Zwilling nutzen, um z.B. Kabellängen, Kabelwege sowie optimale Befestigungsmöglichkeiten automatisiert zu ermitteln. (Bild: Siemens AG)

Softwaretools zur Automatisierung von Arbeitsschritten

‚Eplan Pro Panel‘ heißt beispielsweise ein 3D-Softwaretool, das heute schon vieles kann: Es visualisiert die vom Planer gewünschte Verdrahtung, wählt die optimalen Verdrahtungswege aus und berechnet die Längen. Ein weiterer Vorteil ist, dass diese 3D-Informationen direkt an Konfektionierungsautomaten übergeben werden können, sodass Leitungen automatisiert ausgewählt, abgelängt, gekennzeichnet und sogar mit Aderendhülsen versehen werden können. Ein weiterer Anwendungsfall der 3D-Konstruktion: Mit digitalisierten 3D-Informationen lassen sich auch Bohrpläne automatisiert erstellen, sodass eine Datenübernahme an Fertigungsmaschinen möglich wird und selbst die Losgröße 1 ebenso effizient anzufertigen ist wie Schaltschränke in der Serienproduktion. Voraussetzung für diesen hohen Automatisierungsgrad in der Schaltschrankkonstruktion und -fertigung ist, dass alle notwendigen 3D-Daten der Geräte im Tool zur Verfügung stehen. Kurz gesagt: Je mehr digitale 3D-Informationen über die elektrotechnischen Bauteile vom Gerätehersteller in Standardformaten bereitgestellt werden, desto höher ist der Nutzen, den Anwender erreichen. Siemens liefert bereits seit langem für viele industrielle Schaltgeräte entsprechende 3D-Informationen. Systemdurchgängigkeit ist somit auch im Schaltschrankbau ein wesentlicher Aspekt von Rationalisierung und Effizienzsteigerung. Konkret bedeutet das: Elektroplaner und Schaltschrankbauer profitieren teils schon heute davon, dass Siemens als Gerätehersteller mit E-CAD-Softwareanbietern wie Eplan eng kooperiert. Dadurch verändert sich die Zukunft sämtlicher Arbeitsabläufe von der Schaltplanerstellung bis zur Installation und Inbetriebnahme von Schaltschränken. Zeitintensive Arbeiten, die im Alltag nicht selten Nacharbeit verursachen, lassen sich so teils mit einem Knopfdruck eliminieren.

 

 Siemens liefert für viele industrielle Schalt- und Steuergeräte bereits 3D-Informationen, mit denen die Planung und Ausführung von Schaltschrank vereinfacht wird. (Bild: Siemens AG)

Siemens liefert für viele industrielle Schalt- und Steuergeräte bereits 3D-Informationen, mit denen die Planung und Ausführung von Schaltschrank vereinfacht wird. (Bild: Siemens AG)

 

3D-Darstellung beschleunigt Planung und Realisierung

Der grundsätzliche Mehrwert von detaillierten 3D-Informationen industrieller Schaltgeräte ist in vielerlei Hinsicht zu spüren. Neben den reinen geometrischen Abmessungen, die auch den Platzbedarf sofort visualisieren, sind die Anschlusskoordinaten vorhanden. Dadurch erhalten Planer sofort wichtige Informationen für die spätere Verdrahtung. Auch die Bohrinformationen sind wie erwähnt enthalten und selbst Andockflächen geben sofort darüber Aufschluss, wo die Teile zu befestigen sind und wie sie montiert werden können. Die hohe Qualität der 3D-Darstellung, die Drag&Drop inklusive automatisierter Platzierung ermöglicht, vereinfacht das Schaltschrankdesign. Selbst Zubehörbauteile für Zusatzfunktionalitäten lassen sich so ohne weiteres integrieren. So kann man beispielsweise einen Hilfskontakt virtuell, aber physikalisch korrekt an einem Schütz montieren. Sofort wird deutlich, an welcher Stelle Platz benötigt wird und welche Gerätekombinationen überhaupt sinnvoll bzw. montierbar sind. Siemens liefert heute schon eine Vielzahl der dafür notwendigen 3D-Informationen, aber auch Makros, Dokumentationen, Zertifikate etc. Je mehr Informationen vorhanden sind, desto einfacher werden alltägliche Abläufe für Elektroplaner und Schaltschrankbauer. Der Trend zur automatisierten 3D-Elektroplanung lässt sich nicht aufhalten. Ein Blick in die Zukunft könnte so aussehen: Planungssysteme erhalten bei der Datenübernahme alle notwendigen Geräteinformationen. Nach Abschluss der Planung führt die Software eigenständige Prüfungen bezüglich Plausibilität bzw. Funktionalität durch. Der digitale Zwilling ‚prüft‘ bei jedem Bearbeitungsschritt die optimale Ausführung und sorgt so für den effizienten Bau des kompletten Schaltschranks.

Der Umstieg von 2D- auf 3D-Elektrokonstruktion lohnt sich

Die Vorteile einer 3D-Elektroplanung sind also offensichtlich: fehlerfreies Platzieren der Schaltgeräte inklusive Anbauteile, schnelles Erfassen des gesamten Schaltschrankdesigns und Möglichkeit der (teil-)automatisierten Ausführung von Planungs- und Installationsroutinen. Mittlerweile gibt es Unternehmen, die bevorzugt bzw. ausschließlich Produkte einsetzen, für die es 3D-Informationen gibt. Deshalb hat Siemens bereits vor über zehn Jahren damit begonnen, für die eigenen industriellen Schalt- und Steuergeräte digitale 3D-Informationen bereitzustellen. 3D wird wohl 2D komplett ersetzen; standardisierte Gerätedaten schaffen dabei die Grundlage für eine deutliche Vereinfachung des gesamten Schaltschrankbaus. Diese Strategie wird bei Siemens weiter forciert, um Elektroplanern und Schaltschrankbauern den Weg in eine neue Dimension der Schaltschrankerstellung zu ebnen – und so ein weiteres Stück Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

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