Recycling von Schmelzsicherungen für Umwelt, Forschung und Ausbildung

Im Jubiläumsjahr 212 Tonnen gesammelt

Vor über 25 Jahren, als das Wort "Nachhaltigkeit" noch nicht in aller Munde war, gründeten sieben deutsche Sicherungshersteller den NH/HH-Recyclingverein. Auch heute noch unterstützen und tragen sie als aktive Mitglieder den Verein. Das Ziel war und ist, die Materialien ausgedienter NH- und HH-Sicherungen zu 100% einer Wiederverwertung zuzuführen und enthaltene Wertstoffe, wie Kupfer und Silber, zurück in den Wirtschaftskreislauf zu führen. Mit den Erlösen werden Forschung und Ausbildung auf dem Gebiet der Elektrotechnik gefördert, um so die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland zu erhalten und auszubauen.
Volker Seefeld, Vorstandsvorsitzender des NH/HH-Recyclingvereins
Volker Seefeld, Vorstandsvorsitzender des NH/HH-RecyclingvereinsBild: NH/HH-Recyclingverein

Aus kleinen Anfängen gelang es dem Verein, ein Recyclingsystem aufzubauen, das auf der Welt seinesgleichen sucht. Im Jubiläumsjahr 2020 erreichte das Sammelvolumen, trotz Coronapandemie, mit 212 Tonnen ausgedienter Schmelzsicherungen seinen vorläufigen Höhepunkt. Wohin die erzielten Erlöse fließen, legt der gemeinnützige Verein jedes Jahr in seinem umfassenden Jahresbericht offen, der auf seiner Webseite abrufbar ist.

Solidarisches Konzept als Alleinstellungsmerkmal

Rund 50% des Sammelaufkommens werden von Mittelständischen Unternehmen, dem Handwerk und von Berufsschulen beigesteuert. Auch verschiedene Innungen der Elektro- und Informationstechnik haben sich als Sammler angeschlossen. Stromversorger und Netzbetreiber liefern naturgemäß pro Unternehmen größere Mengen in den Recyclingkreislauf. Deshalb sind sie das zweite unverzichtbare Standbein für das Gelingen des Konzepts. Volker Seefeld, Vorstandsvorsitzender des NH/HH-Recylingvereins, erklärt: „Durch die Unterstützung des dualen Ausbildungssystems mit modernsten Lehrmitteln auf dem Gebiet der Elektrotechnik profitieren alle Sammler von einer praxisnahen Ausbildung der begehrten Fachkräfte von morgen. Dieses solidarische Konzept ist ein Alleinstellungsmerkmal unseres Vereins und überzeugt große und kleine Sammler seit vielen Jahren, bei uns mitzumachen.“

Kostenlose Teilnahme, 685 Sammelstellen bundesweit, perfekte Logistik

Ausgediente Schmelzsicherungen können an einer der 685 Sammelstellen im gesamten Bundesgebiet entsorgt werden. Wo genau, erfahren Interessierte bei der Geschäftsstelle des Vereins. Es genügt eine kurze Email mit dem Standort des Unternehmens. Ausbildende Betriebe in der Elektrotechnik kooperieren auch gerne mit der zuständigen Berufsschule oder mit lokalen Innungen. Umweltbeauftragte von Unternehmen oder Organisationen, die sich als Sammler engagieren möchten, erhalten von der Geschäftsstelle des Vereins eine individuelle Beratung. Besonders Industriebetriebe mit eigener Stromversorgung haben einen hohen Verbrauch an NH- und HH-Schmelzsicherungen. Für Großsammler gibt es eine eigene Euro-Gitterbox mit Kennzeichnungstafel. Ist die Box voll, informiert der Sammler den Verein über eine kurze Email. Innerhalb von drei Arbeitstagen tauscht dann der Speditionspartner des Vereins kostenlos die volle gegen eine leere Gitterbox aus. Für die Sammler sind damit keine Kosten und Mühen verbunden.

Es ist noch Luft nach oben

Natürlich sind beim NH/HH-Recyclingverein neue Sammler immer hochwillkommen. Dazu Volker Seefeld: „Trotz des unbestreitbaren Erfolgs unseres Recyclingkonzepts gibt es doch noch einen Wermutstropfen, nämlich die Gewissheit, dass immer noch ungefähr 200 Tonnen an Schmelzsicherungen nach dem Austausch jedes Jahr achtlos im Müll oder im Elektroschrott landen. Besonders in Deutschland, das weltweit zu den Champions im Trennen und Recyceln gehört, ist das schwer nachzuvollziehen. Neben herstellenden Betrieben aus allen Branchen haben vor allem auch Industrie- und Gewerbeparks mit eigener Stromversorgung sowie Ölraffinerien oder Wind- und Solarparks einen erheblichen Bedarf an Schmelzsicherungen, die alle nach gegebener Zeit entsorgt werden müssen. Auch die Betreiber großer Sportstadien sind eine hoch interessante Zielgruppe, die wir bis jetzt noch nicht an Bord haben. Deshalb möchte ich alle Umweltbeauftragten herzlich einladen, mit uns in Kontakt zu treten. Sie alle werden eine individuelle Beratung bekommen.“

Bild 2 | Ca. 200 Tonnen gebrauchte Schmelzsicherungen wandern immer noch in den Müll.
Bild 2 | Ca. 200 Tonnen gebrauchte Schmelzsicherungen wandern immer noch in den Müll.Bild: VNH/HH-Recyclingverein
Bild 3 | Umweltgerechtes Recycling bei Aurubis Hamburg, dem größten Kupferkonverter der Welt
Bild 3 | Umweltgerechtes Recycling bei Aurubis Hamburg, dem größten Kupferkonverter der WeltBild: Aurubis AG Hamburg

Umschmelzen im Kupferkonverter entspricht höchsten Umweltstandards

Bei Aurubis, dem langjährigen Vertragspartner des Vereins, werden die gesammelten Sicherungen im Kupferkonverter umgeschmolzen. Dem Vorgang geht eine sorgfältige chemische Analyse voran, das Einschmelzen selbst geschieht unter ständiger Überwachung der Abgas- und Abwasserwerte. Am Ende eines mehrstufigen Prozesses stehen hochreines Kupfer und Feinsilber, die ohne Qualitätsverlust wieder dem Wirtschaftskreislauf zugeführt werden können. Die Keramikkörper und der in den Sicherungen enthaltene Quarzsand werden zu Eisensilikatgestein, umgangssprachlich Schlacke, verarbeitet, die man in großen Mengen z.B. im Gleis- und Dammbau benötigt. Geringe Reststoffmengen an nicht wiederverwertbaren Materialien werden in ungefährlichen Modifikationen gebunden. Unternehmen, die sich als Sammler dem NH/HH-Recyclingverein anschließen, sind von allen Meldepflichten entbunden. Der Verein verfügt über seinen Recycler Aurubis über alle Nachweise für eine vollständige und umweltgerechte Entsorgung der Schmelzsicherungen über den Umschmelzprozess im Kupferkonverter. Alle WEEE-Anforderungen werden umfänglich erfüllt. Sammelnde Unternehmen haben weder einen finanziellen noch einen verwaltungstechnischen Aufwand.

Verwendung der Erlöse: Forschungsprojekte

Die zahlreichen über die Jahre vom NH/HH-Recyclingverein durch einen Teil seiner Erlöse geförderten Forschungsprojekte auf dem Gebiet der Elektrotechnik haben das Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu festigen und auszubauen. Soeben wurde an der Technischen Universität Ilmenau ein Verfahren zur Auswahl von Schmelzsicherungen zum Personen- und Anlagenschutz bei Störlichtbogengefahr in Niederspannungs-Gleichstromsystemen abgeschlossen. Das nächste Forschungsprojekt soll die ‚Funktion von Gleichstromsicherungen bei Zeitkonstanten 2 ms‘ untersuchen. Die Vergabe an eine geeignete Universität oder Fachhochschule wird zurzeit evaluiert.

Lernzirkel ‚Überstromschutzorgane‘

Die Nachfrage von Berufsschulen für Elektrotechniker ist auch im 9. Jahr nach der Einführung des Lernzirkels ‚Überstromschutzorgane‘ ungebrochen und gilt nach wie vor als Paradebeispiel für die praxisnahe Ausbildung von jungen Elektrotechnikern. In 7 Stationen wird das komplexe Fachgebiet Überstromschutz jeweils mit didaktisch aufbereitetem Lernmaterial und modernsten Komponenten zur Anschauung den Schülern nahegebracht. Damit wird den Schulen Hardware (Exponate, Zubehör, etc.) und Software (Arbeitsblätter, Infoblätter, Leitfragen) kostenfrei aus einer Hand geliefert. Alle Arbeitsblätter stehen auch online zum kostenlosen Herunterladen zur Verfügung. Dem Umweltschutz durch Recycling ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Der Verein hat innerhalb von neun Jahren weit über 100 Lernzirkelwagen an ebenso viele berufsbildende Schulen und Lehrwerkstätten gespendet. Pro Wagen fallen dabei ca. €7.000 Herstellungs- und Materialkosten an, die aus der Recyclingtätigkeit des Vereins bezahlt werden.

Kostenloser Download von Lehrmaterial und Fachbüchern – verstärkter Einsatz beim Distanzunterricht

Bild 4 | System des Lernzirkelwagens 'Überstromschutzorgane'
Bild 4 | System des Lernzirkelwagens ‚Überstromschutzorgane‘Bild: NH/HH-Recyclingverein

Über die Jahre hat der NH/HH-Recyclingverein eine hochwertige Reihe von Fachpublikationen veröffentlicht, die sowohl bei berufsbildenden Schulen als auch in der täglichen Berufspraxis großen Anklang findet. Interessierte können die Bücher über die Homepage des Vereins kostenlos beziehen. Lehrer an berufsbildenden Schulen und Lehrwerkstätten erhalten gerne auch höhere Stückzahlen für ganze Klassen. Birgit Zwicknagel, Geschäftsstellenleiterin des NH/HH-Recyclingvereins, bestätigt eine rasante Steigerung der Nachfrage für Gedrucktes wie auch für Online-Lehrmaterial des Verein während der Pandemie: „Wir machen das Angebot an Fachliteratur seit Jahren regelmäßig in einschlägigen Magazinen publik, aber so einen exponentiellen Anstieg haben wir noch nie verzeichnet. Bei den Downloads des Online Lehrmaterials beobachten wir die gleiche Entwicklung. Auf Rückfrage bei verschiedenen berufsbildenden Schulen wurde uns bestätigt, dass unser Lehrmaterial jetzt verstärkt beim Home Schooling eingesetzt wird.“ Allein das ‚Sicherungshandbuch‘ von Dr.-Ing. Herbert Bessei wurde seit seinem Erscheinen in 2007 in sieben Fremdsprachen übersetzt. Eine 7. Auflage in deutscher Sprache ist derzeit in Arbeit. Weitere Auflagenstars sind die ‚Formelsammlung Elektrotechnik‘ von Matthias Link sowie der ‚Leitfaden zur Anwendung von Photovoltaik-Sicherungen‘ von Dipl.-Ing. Peter Funtan.

www.nh-hh-recycling.de

Verein des umweltgerechten Recycling von abgeschalteten NH-/HHSicherungseinsätzen e.V.

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