Umfangreiche Tests im hauseigenen Labor

Umfangreiche Tests im hauseigenen Labor

Steigende Anforderungen an
immer kompakteren Produkten

Mit ihren Kabelverschraubungen und Kabelführungen sorgt die Firma Pflitsch aus Hückeswagen im Bergischen Land dafür, dass die Versorgung von Maschinen und Anlagen mit elektrischer Energie und Daten reibungslos funktioniert. Als einer der wenigen Anbieter in diesem Segment leistet sich das Unternehmen ein eigenes Prüflabor, in dem die Produkte vor ihrer Markteinführung eingehend getestet werden. SCHALTSCHRANKBAU unterhielt sich mit Dr. Martin Lechner, Prokurist und Leiter Forschung und Entwicklung bei Pflitsch, unter anderem über die aktuellen Anforderungen und Herausforderungen sowie die zukünftigen Entwicklungen bei diesen Komponenten.

Herr Dr. Lechner, welche Branchen bedient Pflitsch mit seinen Kabelverschraubungen?

Martin Lechner: Mit unseren Kabelverschraubungen bedienen wir eine sehr große Palette unterschiedlicher Branchen, wobei die Elektroindustrie für uns sicherlich eine Schwerpunktbranche ist. Unsere Komponenten gehen in den Maschinen- und Anlagenbau, die Energietechnik allgemein und erneuerbare Energien, die Robotik, Telekommunikation oder für die Bahntechnik, wir haben aber auch Speziallösungen für die chemische Industrie sowie die Lebensmittel- und Pharmaindustrie entwickelt. Hier geht es vor allem darum, besondere Oberflächen mit speziellen Materialien zu gestalten, die sich für diese sehr anspruchsvollen Anwendungen eignen.

Gibt es Branchen, die sich momentan besonders stark entwickeln?

Lechner: Momentan sind eigentlich alle Branchen sehr gut unterwegs. Der allgemeine Maschinenbau und die Robotik gehören ebenso dazu wie die Telekommunikation, bei der die hochwertigen Pflitsch-Produkte sehr gefragt sind. Selbst die Solarindustrie, die vor kurzer Zeit noch ein Problemkind war, entwickelt sich wieder sehr positiv. Bei der Bahn ist die Konjunktur immer ein wenig von nationalen und internationalen Großprojekten abhängig, aber auch da sind wir auf einem guten Weg.

Welche Prüfungen werden in Zusammenhang mit Kabelverschraubungen im Prüflabor durchgeführt?

Lechner: Wir führen den Großteil der Entwicklungsprüfungen vom Prototypen, über die Vorserie bis hin zur Serie selber durch. Dabei handelt es sich in erster Linie um Prüfungen, die vor und nach einer definierten Alterung stattfinden und bei denen dann gewisse Eigenschaften hinsichtlich Dichtheit und Zugentlastung nachgewiesen werden müssen. Bei der Dichtheit unterscheidet man zwischen staub- und wasserdicht, wobei sich die Wasserdichtheit nochmals in Spritzwasser-, Untertauch- und Druckwasserdichtheit unterteilt. Ebenso können wir in unserem Prüflabor testen, ob sich die Kabelverschraubungen für eine Dampfstrahlreinigung bis zu einem Druck von 80bar bei 80°C eignen.

Welche Normungen sind bei den Tests in Ihrem Prüflabor relevant?

Lechner: Relevant sind hier zunächst einmal die einschlägigen nationalen Normen, etwa von DIN oder VDE. Wir führen aber im Beisein von externen Experten auch internationale Prüfungen zum Beispiel nach UL Norm durch. Außerdem gibt es Prüfungen nach der ATEX-Norm für den Einsatz der Produkte in explosionsgefährdeten Umgebungen. Im Hinblick auf die elektromagnetische Verträglichkeit geht es in erster Linie darum, wie gut die Kontaktierung eines Kabelschirms oder Leiters ist. Hier kommt es einerseits auf die Schirmung, andererseits aber auch auf die Stromtragfähigkeit an, wenn höhere Ströme z.B. durch Ausgleichsströme abgeleitet werden müssen, die über den Schirm laufen. Dabei müssen wir nachweisen, dass unsere Komponenten eine solche Stromtragfähigkeit dauerhaft gewährleisten können.

Gibt es ggf. auch kundenspezifische Tests, z.B. im Hinblick auf eine bestimmte Branche oder gewisse Anforderungen?

Lechner: Grundsätzlich werden die meisten Neuprodukte aufgrund von Kundenanforderungen entwickelt und dementsprechend getestet. Meist kommt der Kunde mit seinem Kabel zu uns, das in einer spezifischen Situation bestimmte Randbedingungen erfüllen muss. Dann prüfen wir, ob das System wie geplant funktionsfähig ist, oder wir geben Montagevorgaben, damit es funktioniert. Hier unterstützen wir unsere Kunden und geben Informationen, wie z.B. ein EMV-Kontakt sicher hergestellt werden kann, oder ob ggf. Zusatzkomponenten eingesetzt werden müssen, um beispielsweise eine bestimmte Zugentlastung zu erreichen. Wenn wir einen eindeutigen Bedarf am Markt erkennen, gehen wir bei der Entwicklung unserer Produkte, wie etwa bei der neuen Ex-Verschraubung, auch proaktiv vor. Gleiches gilt für bestimmte Entwicklungen im Bereich der Kabelführungssysteme. Vieles ist auch einfach eine Weiterentwicklung oder Komplettierung des bestehenden Portfolios.

Ist ein solches Prüflabor bei den Anbietern von Kabelverschraubungen eigentlich eher die Regel, oder ist es ein Alleinstellungsmerkmal, das nur von wenigen Unternehmen geboten wird?

Lechner: Sicherlich gibt es Marktbegleiter, die ähnlich gut wie Pflitsch ausgestattet sind, aber es ist nicht der Standard, dass eine solche Vielfalt an Prüfungen ‚inhouse‘ durchgeführt werden kann. Ich denke gerade im Bereich der elektrischen Prüfungen – also Schirmdämpfung, Schirmwirkung, Stromtragfähigkeit, Blitzschutzrandbedingungen – gibt es nur wenige Anbieter, die dies bieten können. Beispielsweise haben die Pflitsch-Experten das international genormte Verfahren für die Schirmwirkungsmessung an einer Kabelverschraubung mit entwickelt und sind auch in den nationalen und internationalen Normungsgremien vertreten.

Werden auch andere Komponenten getestet, z.B. Kabelkanäle?

Lechner: Gewisse Funktionen werden auch bei den Kabelkanälen getestet, wie z.B. Durchbiegung oder Belastbarkeit. Auch hierzu gibt es verschiedene zu erfüllende Normen. Zudem führen wir bei den Kabelkanälen Prüfungen in Bezug auf Korrosionsverhalten, Strombelastung und Übergangswiderstände bei bestimmten Applikationen durch.

Wo liegen heute die besonderen Herausforderungen bei der Entwicklung neuer Produkte?

Lechner: Neben dem verstärkten Aufkommen von Billiganbietern, das vor allem aus Asien zu verzeichnen ist, sind die verschärften Anforderungen beim Einsatzbereich bei gleichzeitiger zunehmender Kompaktheit der Kabelverschraubungen immer eine Herausforderung. Um eine Analogie aus dem Automobilbereich zu nehmen: Pkw-Motoren werden immer kleiner, und trotzdem verlieren sie nicht an Leistung, im Gegenteil! Bei den elektrischen Geräten ist dies ähnlich. Durch eine größere Kompaktheit steigen jedoch die Temperaturen am Produkt, zudem werden die Kabelquerschnitte kleiner, aber es laufen die gleichen Ströme hindurch. Waren Anwender früher mit einer Einsatzbereichstemperatur von 60°C zufrieden, werden heute Ansprüche von 85°C gestellt, und in fünf Jahren sind es vielleicht 100°C oder 120°C als Dauertemperatur für gewisse Anwendungen. Die Ansprüche an die Zugentlastungswerte steigen ebenfalls aufgrund der Kundenanforderungen. Kurz: Die Summe an Belastungen, die eine Kabelverschraubung aushalten muss, erhöht sich sukzessive. Gleichzeitig sinkt der Marktpreis durch den Umstand, dass mehr und vor allem billigere Anbieter am Markt agieren. Hier müssen wir den Kunden klar machen, dass gewisse Funktionswerte einfach Geld kosten.

In Zusammenhang mit der Digitalisierung und Industrie 4.0 ist immer wieder von Datenmanagement und -durchgängigkeit die Rede. Was bedeutet dies in Zusammenhang mit Pflitsch-Produkten? Sind diese in bestimmten Datenbanken, wie etwa dem Eplan Data Portal, zu finden?

Lechner: Wir sind mit einem Teil unserer Produkte dort eingepflegt, was für den Kunden und für uns sicherlich von Vorteil ist. Bei einem Katalog von rund 600 Seiten sind noch nicht alle Produkte vertreten, dies wird aber sukzessive erweitert. Ein Problem dabei ist sicherlich, dass unser modularer Baukasten in einem solchen Datenportal nicht so einfach abzubilden ist. Unsere Vertriebsmitarbeiter haben über Jahrzehnte hinweg eine Beratungskompetenz für viele Applikationen ausgebildet: Welche Komponenten sind miteinander kombinierbar, unter welchen Randbedingungen machen bestimmte Kombinationen Sinn oder auch nicht. Diese Kompetenz sozusagen automatisiert in einer Software abzubilden, ist äußerst schwierig. Was also in einer Datenbank vorhanden ist, betrifft eher die Standardanwendungen, für kundenspezifische Lösungen – z.B. wenn Datenleitungen mit Energieleitungen gleichzeitig in einer Verschraubung durchgeführt werden oder Kabel mit einer Doppelschirmung EMV-gerecht kontaktiert werden müssen, wenn besondere Oberflächen vonnöten sind oder besondere Randbedingungen vorliegen, was das Quetschen oder das Knicken betrifft – ist das Know-how unseres Kundendienstes gefragt.

Gibt es bestimmte Trends, die bei Kabelverschraubungen, aber auch Kabelkanälen relevant sind?

Lechner: Ein Trend ist sicherlich, dass immer mehr EMV-Verschraubungen verwendet werden, d.h. Verschraubungen, bei denen Mittel vorhanden sind, um den Kabelschirm direkt im Verschraubungsbereich an die Schaltschrankwand anzusetzen. Dies ist wichtig, da man sonst mit einem im Gehäuse liegenden Schirm die Störungen mit ins System einbringt. Der Schirm ist dann zwar vorhanden, aber die Störung wird über den Schirm irgendwie doch ins System transportiert. Zudem müssen Verschraubungen immer vielseitiger, also universell einsetzbar sein. Wenn dem Schaltanlagen- oder Maschinenbauer nicht im Voraus bekannt ist, wie die Applikation genau aussehen wird – ob beispielsweise eine Sensorleitung mit 4mm Durchmesser, eine eher herkömmliche Leitung mit acht oder 10mm Durchmesser, oder eine doppelt geschirmte Leitung mit zwölf bis 14mm Durchmesser zum Einsatz kommt – will der Kunde möglichst all diese Eventualitäten mit einer Lösung abdecken. Mancherorts gibt es auch einen Trend zu konfektionierten Lösungen. Standardleitungen werden sehr oft konfektioniert, z.B. Computeranschlusskabel sowohl auf der Daten- als auch auf der Energieseite. Diese Entwicklung trifft auch auf den Kabelkanal zu. Wenn das Design einer Maschine bekannt ist, wird mittels eines von uns bereit gestellten 3D-Software-Tools ein auf die Maschine passender Kabelkanal konfektioniert. Konfektionierte Leitungen stellen dann wiederum neue Herausforderungen an die Verschraubungen, da diese Kabel in der Regel mindestens ein Ende aufweisen, das größer ist als normale Leitungsenden. Dann werden Verschraubungen benötigt, durch die solche Enden geführt werden können. Auch hierzu haben wir einige spezielle Produkte wie Flansche oder geteilte Verschraubungen entwickelt.

Gerade im Bereich der Kabelkanäle bietet Pflitsch eine Reihe von Werkzeugen. Sind diese Eigenentwicklungen?

Lechner: Die Werkzeuge werden ebenfalls bei uns entwickelt und teilweise in unserem eigenen Werkzeugbau, aber auch bei Partnerunternehmen gefertigt. Dabei handelt es sich in erster Linie um Schneidwerkzeuge, mit denen entweder Gitter- oder Blechkanäle zugeschnitten werden können.

Wo gehen die nächsten Entwicklungen bzgl. Kabelverschraubungen und Kabelkanäle hin?

Lechner: In Bezug auf die Kabelverschraubungen ist aufgrund der steigenden Anforderungen das Materialthema immer sehr wichtig. Gerade die Frage, mit welchen Dichtungsmaterialien wir zukünftig arbeiten werden, beschäftigt uns sehr. Dort führen wir viele Untersuchungen mit alternativen Materialien durch. Bei den Kabelkanälen ist das Thema Kosten interessant, d. h. die Frage, mit welchen einfacheren Geometrien oder geänderten Wandstärken die heutigen Anforderungen noch erfüllt werden können.

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