Schutz vor Blitz und Überspannung

Lebenswichtige Systeme vor Schäden bewahren

Krankenhäuser bilden die Basis der stationären Gesundheitsversorgung und gehören daher zu den kritischen Infrastrukturen (KRITIS). Gleichzeitig sind sie, aufgrund starker Vernetzung elektrischer und elektronischer Systeme bei gleichzeitig steigender Digitalisierung der Krankenhausprozesse, sehr störungsempfindlich. Die uneingeschränkte Verfügbarkeit der Energieversorgung, der vernetzten Gebäudetechnik und medizinischer Geräte für Diagnostik, Überwachung und Behandlung ist ein Muss. Präventive Maßnahmen gegen Blitz- und Überspannungseinwirkung sind deshalb wichtige Bausteine im Schutzkonzept.
Bild: Dehn SE

Erfahrungsgemäß werden Krankenhäuser in die Blitzschutzklasse 2 eingestuft. Dies umfasst ein definiertes Risiko sowie notwendige Schutzmaßnahmen im Bereich des äußeren Blitzschutzes, Potentialausgleichs wie auch des Überspannungsschutzes. In Ergänzung zum Risikomanagement greifen bei Krankenhäusern auch gesetzliche und normative Vorschriften, wie z.B. die jeweiligen Landesbauordnungen, DIN VDE-Vorgaben oder Brandschutzvorgaben, die es zu beachten gilt. Blitzschutzsysteme werden als vorbeugende Brandschutzmaßnahme installiert, um Menschen vor Verletzungen und Vermögenswerte vor Zerstörung zu bewahren. Der äußere Blitzschutz verhindert jedoch nicht Überspannungsschäden oder Ausfälle elektrischer und elektronischer Systeme infolge des durch den Blitzschlag hervorgerufenen elektromagnetischen Feldes. Einen wirksamen Schutz gegen Überspannungen, die durch den elektromagnetischen Blitzimpuls (LEMP) verursacht werden, beschreibt das Prinzip der Blitzschutzzonen.

Bild 2 | Blitz- und Überspannungsschutz für NiederspannungsSchaltgerätekombinationen (DehnvenCI)
Bild 2 | Blitz- und Überspannungsschutz für NiederspannungsSchaltgerätekombinationen (DehnvenCI)Bild: Dehn SE

Blitzschutzzonen-Konzept

Um im Krankenhaus die hohen Anforderungen an die Verfügbarkeit von empfindlichen und wichtigen Systemen zu erfüllen, kommt das Blitzschutzzonen-Konzept nach EN 62305-4 zum Einsatz. Hierbei wird das zu schützende Gebäude in Zonen mit unterschiedlich hohem Gefährdungspotential bzw. LEMP-Bedrohungswerte (engl. Lightning electromagnetic pulse) eingeteilt. Auf Basis dieser Zonen wird bestimmt, wo welche Maßnahmen notwendig sind. Das Konzept unterscheidet dabei, je nach Art der Blitzbedrohung, zwischen inneren und äußeren Blitzschutzzonen (engl. LPZ – Lightning Protection Zone).

Äußere Zonen:

  • LPZ 0: Zone, die durch das ungedämpfte elektromagnetische Feld des Blitzes gefährdet ist und in der die inneren Systeme dem vollen oder anteiligen Blitzstrom ausgesetzt sein können. LPZ 0 wird unterteilt in:
  • LPZ 0A: Zone, die durch direkte Blitzeinschläge und das volle elektromagnetische Feld des Blitzes gefährdet ist. Die inneren Systeme können dem vollen Blitzstrom ausgesetzt sein.
  • LPZ 0B: Zone, die gegen direkte Blitzeinschläge geschützt, aber durch das volle elektromagnetische Feld des Blitzes gefährdet ist. Die inneren Systeme können anteiligen Blitzströmen ausgesetzt sein.

Innere Zonen (geschützt gegen direkte Blitzeinschläge):

  • LPZ 1: Zone, in der Stoßströme durch Stromaufteilung und durch isolierende Schnittstellen und/oder durch SPDs an den Zonengrenzen begrenzt werden. Das elektromagnetische Feld des Blitzes kann durch räumliche Schirmung gedämpft sein.
  • LPZ 2…n: Zone, in der Stoßströme durch Stromaufteilung und durch isolierende Schnittstellen und/oder durch zusätzliche SPDs an den Zonengrenzen weiter begrenzt werden können. Das elektromagnetische Feld des Blitzes kann zudem durch eine zusätzliche räumliche Schirmung weiter gedämpft sein.

Die Anzahl der inneren Blitzschutzzonen basiert auf dem EMV-Schutzkonzept sowie den zu erreichenden notwendigen Schutzparametern. Je nach Art und Aufbau der baulichen Anlage können dies eine oder mehrere Blitzschutzzonen sein. Die Anforderungen der inneren Zonen im Krankenhaus basieren auf der Spannungsfestigkeit der zu schützenden elektronischen Systeme. Gibt es mehrere Zonen, so muss an deren Übergängen der Potentialausgleich für alle eintretenden metallenen Teile sowie der Versorgungs- und informationstechnischen Leitungen erfolgen. Der Schutz der elektrisch leitfähigen Komponenten erfolgt durch Überspannungs-Ableiter, die für die jeweilige Blitzschutzzone geeignet sind. Die korrekte Umsetzung des Blitzschutzzonen-Konzeptes ist bei Krankenhäusern ein wichtiger Aspekt für den sicheren und störungsfreien Betrieb der elektrischen Systeme.

Bild 3 | Leckstromfreier Typ 2 Überspannungsableiter Dehnguard ACI
Bild 3 | Leckstromfreier Typ 2 Überspannungsableiter Dehnguard ACI Bild: Dehn SE

Niederspannungshauptverteilung und Unterverteilungen in der allgemeinen Stromversorgung (AV)

Die elektrische Versorgung eines Krankenhauses erfordert spezielle Anforderungen an die Hauptversorgungssysteme. Die Niederspannungshauptverteilung (NSHV) ist das zentrale System, das die allgemeine Stromversorgung (AV) und Sicherheitsstromversorgung (SV) steuert. Besonders im Krankenhaus sind die Betriebssicherheit und der Schutz von Personen und Anlagen von großer Bedeutung. Um bei einem Stromausfall die Versorgung aufrechtzuerhalten, werden zwei getrennte, aber trotzdem miteinander verbundene Versorgungssysteme benötigt. Nach DIN VDE 0100-710 Bbl 1 soll ab der NSHV ein TN-S-System ausgebildet werden. Dieses Netzsystem sollte aus EMV-Gründen auch zur Versorgung aller angeschlossenen Räume eingesetzt werden, die nicht auf eine Sicherheitsstromversorgung angewiesen sind. Gemäß den Normen DIN VDE 0100-534 und DIN EN 62305-4 ist Überspannungsschutz am Speisepunkt der Anlage, also der Blitzschutzpotentialausgleich, erforderlich. Für diesen Anwendungsfall hat sich der Einsatz eines Typ 1 Kombi-Aleiters mit integrierter Vorsicherung, wie z.B. DehnvenCI, als besonders praktikable Lösung erwiesen. Dieser Kombiableiter ermöglicht es die Installationsanforderungen wie z.B. maximale Anschlusslängen der SPD nach DIN VDE 0100-534 sicher und einfach zu erfüllen. An den Zonengrenzen LPZ 1 auf LPZ 2 oder höher werden keine direkten Blitzstoßströme mehr erwartet. Hier liegt das Augenmerk auf den elektromagnetischen Einkopplungen und Schaltüberspannungen, welche die elektronischen Systeme ebenfalls schädigen können. Es werden an dieser Stelle Typ 2 Überspannungs-Ableiter eingesetzt. Typische Einsatzorte sind z.B. die Stockwerk- und Unterverteilungen des Krankenhauses.

Medizinisches IT-Netz (Sicherheitsstromversorgung (SV)

Das medizinische IT-System nach DIN VDE 0100-710 hat im Krankenhaus eine besondere Bedeutung. Es kommt in Räumen zum Einsatz, in denen ein Stromausfall weitreichende Konsequenzen nach sich zieht und daher eine dauerhafte Verfügbarkeit der Stromversorgung sichergestellt werden muss. Zur Realisierung eines ganzheitlichen Blitzschutzzonenkonzepts ist auch in diesen sensiblen Raumgruppen der Einsatz von Überspannungs-Ableitern notwendig. Wichtig ist, dass die Isolationsüberwachung im medizinischen IT-System durch den eingesetzten Überspannungsschutz nicht beeinträchtigt werden darf. Es muss daher ein leckstromfreier Typ 2 Überspannungssableiter verwendet werden, wie z.B. Dehnguard ACI. Er erfüllt durch seine Schalter- Funkenstreckenkombination den bestmöglichen Schutz vor Überspannungen und die geforderte Leckstromfreiheit um die Isolationsmessung des Stromkreises nicht negativ zu beeinflussen.

Bild 4 | Basisschema eines Blitzschutzzonen-Konzepts
Bild 4 | Basisschema eines Blitzschutzzonen-KonzeptsBild: Dehn SE

Technische Gebäudeausrüstung und Netzwerktechnik

Die Vernetzung der technischen Gebäudeausrüstung (TGA) nimmt einen immer höheren Stellenwert ein. Insbesondere im Hinblick auf die steigenden Energiekosten wird der Einsatz von Energiemanagementsystemen und die damit verbundene Vernetzung der unterschiedlichen Systeme immer lukrativer. Die technische Gebäudeausrüstung umfasst u.a. Heizungs-, Lüftungs-, Sanitär- und Klimatechnik ebenso wie Brandschutz und Elektro-, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik. Für alle TGA-Bereiche gilt: Sie greifen auf die Strom- und Datenversorgung des Gebäudes zu. Dabei ist eine bedarfsgerechte Dateninfrastruktur die Grundvoraussetzung für das moderne Krankenhaus. Dies bedeutet aber auch, dass sich auf deren Verfügbarkeit und auch deren Schutzmaßnahmen (z.B. Brandmeldeanlagen) verlassen wird. Es wird empfohlen, wichtige Applikationen wie den Serverraum als auch die Brandmeldezentrale aufgrund ihrer großen Bedeutung als Blitzschutzzone LPZ 2 zu behandeln und diese als geschirmten Bereich auszubilden. Zusätzlich sind alle ein- und ausgehenden elektrische- und informationstechnische Leitungen mit Überspannungsableitern zu beschalten. Im Bereich der TGA werden Daten häufig mittels Ethernet-Netzwerken übertragen. Eine weitere Schlüsselrolle in der technischen Sicherheit von Gebäuden ist die Videoüberwachung mittels IP-Kamerasystemen. Die Hochverfügbarkeit dieser Videoüberwachungsanlagen muss jederzeit sichergestellt sein. Die Anforderungen an die Datenrate und den Anschluss sind auch bei der Auswahl der geeigneten Überspannungsschutzgeräte zu berücksichtigen. Zum Schutz der wichtigen auf Ethernet basierenden Kommunikationsschnittstellen eignet sich Dehnpatch DPA CL8 EA 4PPOE für den Einsatz im Schaltschrank oder im Datenverteiler. Mit Power over Ethernet (bis 4PPoE mit einer Leistungsübertragung bis 100W), einem Übertragungsstandard Class EA (max. 500MHz), einer Statusanzeige und der Möglichkeit zur Fernsignalisierung, ist Dehnpatch für den Überspannungsschutz moderner Anwendungen gerüstet. Dehnpatch sowie die Blitzductorconnect-Serie lassen sich in ein entsprechendes Überwachungskonzept integrieren. Hier besteht die Möglichkeit, mit der optional erhältlichen Fernmeldeeinheit ohne zusätzlichen Aufwand Geräte zentral auszuwerten. Über den in der Überwachungseinheit integrierten Fernmeldekontakt kann ein Defekt eines einzelnen Gerätes direkt an das übergeordnete Leitsystem weitergegeben werden.

Fazit

Die zunehmende Digitalisierung von Krankenhausprozessen und Vernetzung von Systemen – ob nun im Bereich der Patientenversorgung oder des Energiemanagements – erhöhen das Risiko von Ausfällen und Störungen. Blitzströme und Überspannungen können wichtige Systeme und empfindliche Komponenten erheblich beeinträchtigen oder sogar komplett ausfallen lassen. Umso wichtiger sind Schutzkonzepte und ein durchdachtes Risikomanagement. Ein bedeutsamer Teil davon sind Vorkehrungen gegen die Gefahren von Blitz- und Überspannungseinwirkungen. Der Überspannungsschutz sorgt dafür, dass die gefährlichen Störenergien auf ein akzeptables Niveau heruntergebrochen werden und damit keine Gefährdung mehr darstellen. Wichtig ist, Blitz- und Überspannungsschutz bereits frühzeitig in der Planung zu berücksichtigen, da in dieser Phase die Implementierung deutlich einfacher ist. Im Nachgang ist ein Nachrüsten nur schwer zu realisieren und mit einem sehr hohen finanziellen Aufwand verbunden.

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