Der wohltemperierte Schaltschrank

Aktive Kühlgeräte und Luft-/ Wasser-Wärmetauscher

(Bild: Pfannenberg Europe GmbH)

Bild 2 | Temperaturabfall führt zu gefährlicher Kondensatbildung

Eine weitere Option sind aktive Kühlgeräte, die ebenfalls mit getrennten Luftkreisläufen arbeiten. Hier wird die Luft aktiv über einen Kühlkreislauf abgekühlt. Dadurch besteht ein hohes Kühlpotenzial, das auch bei sommerlichen Temperaturen stabil bleibt. Eine Sonderform davon sind drehzahlgeregelte Kühlgeräte. Diese können sich über intelligente Regelung der verbauten Komponenten auf die Wärmelast des Schaltschrankes einstellen. Der Vorteil liegt darin, dass immer nur genau so viel gekühlt wird, wie benötigt. Daraus resultieren längere Standzeiten und eine höhere Energieeffizienz. In Kombination mit einer Zieltemperatur von ca. 35°C lässt sich so effizient und schonend kühlen, was sich auch hier positiv auf die Lebenserwartung der elektronischen Komponenten auswirkt. Luft-/Wasser-Wärmetauscher nutzen hingegen kaltes Wasser für die Klimatisierung. Hierdurch ist eine hohe Kühlleistung möglich, die völlig unabhängig von der jeweiligen Umgebungsluft ist. Zudem nimmt die Kühleinheit keine Umgebungsluft auf. Deshalb können Luft-/Wasser-Wärmetauscher auch in sehr stark verschmutzten Umgebungen verwendet werden. Zunächst fallen bei dieser Lösung zwar höhere Investitionskosten für die Verrohrung und die Kaltwasseraufbereitung (Rückkühlanlagen) an, langfristig zahlen sie sich aber häufig aus. Der Vorteil liegt darin, dass die eigentliche Kühlleistung nicht mehr am Schaltschrank, sondern am andernorts aufgestellten Rückkühler erfolgt. Die gesamte Kühlleistung aller Klimageräte kann so gebündelt werden. Da große Kühlgeräte physikalisch effizienter sind als kleine, ist die Energiebilanz Kühlleistung/Kosten deutlich besser. Hierdurch amortisieren sich entsprechende Investitionen über die Zeit. Steht kaltes Wasser bereits zur Verfügung, z.B. zur Werkzeugkühlung, sind Luft-/Wasser-Wärmetauscher eine sehr kosteneffiziente Alternative.

Risikofaktor Kondensat

Die größte Gefahr für den Schaltschrank ist ein Kurzschluss durch Wassertropfen, wodurch Schaltelemente sofort zerstört werden können. Der wahrscheinlichste Grund für einen Wassereintrag sind allerdings nicht externe Faktoren wie Reinigung oder Dachleckagen. Stattdessen reicht eine leichte Temperaturschwankung aus, dass sich Tropfen bzw. Kondensat bilden. Um die Bildung von Kondensat wirkungsvoll verhindern zu können, ist es wichtig, seinen Ursprung zu verstehen. Erst dann lassen sich wirkungsvolle Gegenmaßnahmen einleiten. Nehmen wir als Beispiel einen Schaltschrank mit zwei Metern Höhe, einem Meter Breite und 0,5 Meter Tiefe, also ein Volumen von einem Kubikmeter. Bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 80% und 30°C sind hier etwa 25 Milliliter Wasser in der Luft. Kommt es nun zu einem Temperaturabfall auf 15°C, kann die Luft bei derselben Luftfeuchtigkeit nur noch ca. 13 Milliliter Wasser aufnehmen. Die übrigen 12 Milliliter kondensieren. Das erscheint erstmal nicht viel. Durch ständige natürliche Luftbewegung wird sich diese Menge aber an den kältesten Stellen im Schaltschrank konzentrieren. Ein Milliliter entspricht etwa 10 bis 20 Tropfen. Das sind dann rund 120 bis 240 Tropfen. In den meisten Fällen leiten Metalle Wärme besser als z.B. Kunststoffe. Aus diesem Grund fühlen sich metallische Oberflächen kühl an – weil die Körperwärme hier schneller abfließt. Nach dem gleichen Prinzip kühlt auch Luft an metallischen Oberflächen ab. Hier setzt nun die Kondensatbildung ein. Folgendes Szenario ist denkbar: Eine Fertigungshalle kühlt über Nacht auf 15°C ab. Am Morgen heizt sich die Hallenluft durch Sonneneinstrahlung auf. Durch geöffnete Fenster dringt genug feuchtwarme Außenluft ein, sodass die relative Luftfeuchtigkeit bei 80 % liegt. Trifft diese warme Luft nun auf die Schaltelemente des noch nicht aktiven Schaltschrankes, kommt es zur Bildung von Kondensat. In der Natur kennt man diesen Effekt als Morgentau, im Schaltschrank ist es alles andere als wünschenswert.

Heizen oder Kühlen

(Bild: Pfannenberg Europe GmbH)

Bild 3 | Pfannenberg Kühlgeräte der DTI- und DTS-Baureihe für den teilversenkten Seiteneinbau (DTI) und den Seitenanbau (DTS) sowie für den Dachaufbau (DTT).

Glücklicherweise heizen sich schaltende Elemente bei der Nutzung auf. Im Normalfall werden diese also kein Kondensat ansammeln. Dennoch ist es ratsam, die Applikation genau zu überprüfen. Ein Mittel gegen Kondensat ist das Herabsetzen der Luftfeuchtigkeit. Ein aktives Kühlgerät kühlt Luft im Gerät selbst auf ca. 10-15°C herab. Das dabei entstehende Kondensat wird nach außen befördert. Da Schaltschränke nicht luftdicht sind, wird ein Kühlgerät permanent die Luft im Schaltschrank entfeuchten. Im Normalfall sinkt bei geschlossenen Türen die Luftfeuchtigkeit aber stark ab, wodurch weniger Kondensat anfällt. Wenn kein Kühlgerät angeschlossen ist, ist die beste Lösung zur Vermeidung von Kondensat eine stabile Mindesttemperatur. Eine Schaltschrankheizung sorgt dafür, dass die Luft innerhalb des Schaltschrankes nicht unter die Umgebungstemperatur fällt. So wird auch nachts verhindert, dass sich an den kalten Schaltschrankdecken und verbauten Halbleitern Kondensat absetzt. Steigt dann die Temperatur im arbeitenden Schaltschrank, schaltet sich die Heizung automatisch wieder ab. Pfannenberg setzt für diesen Zweck PTC-Elemente ein, die je nach Temperatur automatisch ihren Widerstand und damit ihre Heizleistung regulieren.

Hauptsache abgstimmt

Klimatisierung ist eine einfache Aufgabe, sie muss allerdings richtig angegangen werden. Wie bei der Raumklimatisierung ist ‚kälter‘ nicht zwangsläufig gleich ‚besser‘. Moderne Kühlgeräte sind in der Lage, dank eines durchdachten Kondensatmanagements auch sehr drastische Temperaturziele im Schaltschrank umzusetzen. Eine Folge davon sind allerdings unnötige und hohe Energiekosten. Selbst wenn diese ignoriert werden, bedeuten hohe Temperaturunterschiede ein permanentes Risiko für den Schaltschrank, beispielsweise durch Kondensatbildung. Sklavisch nur einen Faktor zu berücksichtigen, wird nicht jedem Instrument gerecht. Der wohltemperierte Schaltschrank entsteht in der feinen Abstimmung aller relevanten Faktoren.

Pfannenberg Europe GmbH
www.pfannenberg.de

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