NFC-gesteuerte Konfiguration

Überwachungsrelais für die Generation Smartphone

NFC-gesteuerte Konfiguration

Damit der Betrieb von Maschinen und Anlagen störungsfrei verläuft, ist die Überwachung der Netzparameter erforderlich. Dafür werden Überwachungsrelais verwendet, die bei spezifischen Anforderungen passend konfiguriert werden müssen. Für Einstellungen am Drei-Phasen-Überwachungsrelais DPD von Carlo Gavazzi erstellen die Anwender Konfigurationsdateien komfortabel auf ihren Endgeräten und übertragen sie via NFC zeitsparend auf das Relais.

 Über eine NFC-Schnittstelle kann das Überwachungsrelais DPD von Carlo Gavazzi von Smartphone oder Tablet aus konfiguriert werden. (Bild: Carlo Gavazzi GmbH)

Über eine NFC-Schnittstelle kann das Überwachungsrelais DPD von Carlo Gavazzi von Smartphone oder Tablet aus konfiguriert werden. (Bild: Carlo Gavazzi GmbH)

Mess- und Überwachungsrelais überwachen und steuern elektrische bzw. physikalische Größen. Sie melden Fehlerzustände und schützen Maschinen und Anlagen am Drehstromnetz vor dem Betrieb mit falscher Phasenfolge, fehlenden Phasen und fehlendem Nullleiter. Für diese Aufgabe hat Carlo Gavazzi das multifunktionale Drei-Phasen-Überwachungsrelais DPD entwickelt. Das Relais wurde für den Einsatz in Stern- und Dreieckschaltungen zur Überwachung von Stromversorgung und Netzqualität aller drei Phasenladungen mit einer Spannung von 102 VAC bis 552 VAC konzipiert und eignet sich für Anwendungen wie Aufzüge, Fahrtreppen und Fördertechnik, Pumpen und Kompressoren sowie Energieerzeugungssysteme. Zusätzlich können Sollwerte für Spannung, Frequenz und Asymmetrie eingestellt werden.

Die Basismerkmale des DPD

Das DPD besitzt zwei getrennte elektromechanische SPDT-Ausgänge, so dass zwei unterschiedliche Ausgangssignale für Zwecke wie Störmeldungen oder Schaltschwellen genutzt werden können. Weiterhin lässt das Gerät zwei Alarmtypen zu, Prioritätsalarme und Nicht-Prioritätsalarme. Der Prioritätsalarm wird bei Phasenverlust, Nullleiterverlust in Sternschaltungen, falsche Phasensequenz und Außer-Bereich-Messung ausgelöst und deaktiviert beide Ausgänge zugleich. Nicht-Prioritätsalarme können durch den Anwender eingestellt und, da lediglich zwei Ausgänge verfügbar sind, ohne direkte Verknüpfung mit einem Ausgang konfiguriert werden. Die Art der zu überwachenden Messung – Unterspannung, Überspannung, Unterfrequenz, Überfrequenz sowie Drei-Phasen-Asymmetrie – und der Auslösewert sind innerhalb der angegebenen Bereiche frei einstellbar und jederzeit zu verändern. Insgesamt können bis zu zehn Nicht-Prioritätsalarme eingerichtet und über Und-/Oder-Operatoren kombiniert werden, wobei sich die beiden Ausgänge mit jedem Alarm-Set verknüpfen lassen. Drei LED-Anzeigen an der Gerätefront signalisieren den Status der Ausgänge und Alarmmeldungen.

Standardkonfiguration

Standardmäßig ist der Drei-Phasen-Wächter in zwei gängigen Grundeinstellungen für Alarmmeldungen verfügbar und kann daher ohne weitere Vorbereitung eingesetzt werden. Diese Standardkonfigurationen beziehen sich auf Dreieckschaltungen mit einer Netznennspannung von 400 bzw. 240VAC ohne Einschaltverzögerung. Die Sollwerte für Alarmierungen bei Überspannung liegen bei 440 bzw. 264VAC, bei Unterspannung bei 360 bzw. 216VAC. Prioritätsalarme werden beim Phasenverlust in beiden Einstellungen bei der Schwelle von 85 Prozent ausgelöst; ein Nullleiterverlust ist lediglich bei Sternschaltungen relevant und löst daher in der Grundeinstellung keinen Alarm aus. Für spezielle Anwendungen kann das DPD optional bereits mit spezifischen Voreinstellungen ausgeliefert werden.

NFC-Technologie statt Schraubendreher

Zudem lassen sich individuelle Anpassungen der Default-Alarmwerte je nach Bedarf vornehmen. Diesen Arbeitsschritt macht Carlo Gavazzi dem Anwender so einfach wie möglich. Durch die Verwendung der Datenübertragungstechnologie NFC (Near Field Communication, Nahfeldkommunikation) erspart er ihm die Konfiguration eines oder mehrerer Relais mit dem Schraubendreher. Denn das DPD ist mit einer NFC-Schnittstelle ausgestattet, über die es mit Endgeräten kommuniziert, die aus den heutigen Arbeitsumgebungen nicht mehr wegzudenken sind: Das smarte Relais wird über NFC-fähige Smartphones oder Tablets mit dem Betriebssystem Android 4.1 oder höher konfiguriert oder mittels eines NFC-Lesegerät am USB-Anschluss über Windows-PCs oder -Laptops. Da die NFC-Technologie auf Apple-Geräten nur für Bezahlvorgänge freigegeben ist, können iOS- und macOS-Geräte nicht für die Konfiguration des DPD benutzt werden. Bei der Verwendung eines Android-Gerätes erfolgen Konfiguration und Diagnose über eine App, die im Google Play Store angeboten wird. Die Konfigurationssoftware für PCs und Laptops kann von der Herstellerwebseite heruntergeladen werden.

Konfiguration am Schreibtisch

Die NFC-Kommunikation ermöglicht, dass der Anwender die Konfiguration am Arbeitsplatz vorbereiten kann. Wie er dabei vorgeht, kann er flexibel gestalten: Er kann die Konfigurationsdatei auf einem PC oder Smartphone erstellen, von einem anderen DPD über NFC herunterladen oder aus einer bestehenden Datei exportieren und gegebenenfalls anpassen. Ist eine Konfigurationsdatei erst einmal auf einem Endgerät vorbereitet, kann er sie nicht nur auf ein Relais, sondern nacheinander auf zahlreiche Geräte hochladen – eine erhebliche Zeitersparnis gegenüber der manuellen Konfiguration. Darüber hinaus bieten sich ihm durch das Vorliegen digitaler Konfigurationsdaten weitere Vorteile. So lässt sich die Datei in einer Cloud speichern, per E-Mail versenden oder über beliebige Collaborations- und File-Sharing-Tools an andere Empfänger, beispielsweise an Mitarbeiter an anderen Standorten, verteilen. Der Empfänger lädt die Datei dann lediglich herunter, öffnet sie in der App und kann mit ihr in der oben beschriebenen Weise weiter verfahren.

Mit der App arbeiten

Beim Start der App aktiviert der Anwender für die Erstellung einer neuen Konfiguration den entsprechenden Menüpunkt und wählt das eingesetzte DPD-Modell aus, dem er eine Bezeichnung und eine Beschreibung zuordnet. Auf den folgenden Konfigurationsseiten wählt er Netz- und Schaltungstypologie aus und konfiguriert beliebig viele der zehn einstellbaren Nicht-Prioritätsalarme. Dafür legt er Messgrößen und Grenzwerte fest, bei Asymmetrie den Prozentsatz, sowie Hysterese und Einschaltverzögerungen. Danach kann er die Prioritätsalarme ein- oder ausschalten und die Alarm-Sets mit den Ausgängen verknüpfen. Abschließend erhält er eine Zusammenfassung der erstellten Konfiguration. Die Übermittlung der Konfigurationsdatei an das DPD erfolgt im Schaltschrank direkt am Relais, indem der Anwender das mobile Gerät bzw. das NFC-Lesegerät vor den NFC-Sensor des Relais hält, die Seriennummer des Gerätes bestätigt und die Übertragung anstößt. Da bei der NFC-Technologie beide Geräte sowohl Daten senden als auch empfangen können, kann der Anwender über den umgekehrten Weg im laufenden Betrieb zudem die Momentanwerte in Echtzeit wie den Alarmstatus oder Spannung und Frequenz am Relais auslesen und am Schreibtisch auswerten. Diese Daten können dann abgespeichert und z.B. per E-Mail an die Servicezentrale gesendet werden.

 (Bild: Carlo Gavazzi GmbH)

(Bild: Carlo Gavazzi GmbH)

Sicherheitsfunktionen

Durch den NFC-Sensor an der Gerätefront ist die Benutzung der Kommunikationsschnittstelle auch bei mehreren DPD in einem Schaltschrank einfach und betriebssicher. Die Software fragt beim Verbindungsaufbau die individuelle Seriennummer ab, die leicht erkennbar auf der Frontseite angebracht ist. So ist eine eindeutige Zuordnung der einzelnen DPD möglich. Abgesehen davon, dass die geringe Übertragungsdistanz von NFC von nur wenigen Zentimetern vor dem Abhören der Daten aus der Ferne schützt, verhindert eine Passwort-Sperre, die im Anschluss an den initialen Upload-Prozess eingerichtet werden kann, eine Manipulation des DPD oder die Konfiguration durch Unbefugte.

Fazit

Der hohe Verbreitungsgrad mobiler Endgeräte und die Verfügbarkeit sicherer Übertragungsstandards eröffnen neue Wege für die Konfiguration von Überwachungsrelais. Ausgehend von wenigen Standard-Ausführungen des Modells DPD ermöglicht Carlo Gavazzi, dass mittels NFC-gestützter Konfiguration ein breites Spektrum an individuellen Anpassungen umgesetzt werden kann. Die Verwendung von Konfigurationsangaben in digitaler Form erleichtert den Anwendern die Arbeit und entlastet sie von langwierigen Prozeduren, von der Erstellung der Konfiguration bis zum Ausbringen identischer oder unterschiedlicher Einstellungen auf vielen Relais.

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