Sicherheit im Hochstrombereich

Bauartnachweis und Störlichtbogenschutzsysteme als wesentliche Voraussetzungen

Sicherheit im Hochstrombereich

Moderne Energieverteilungen müssen eine ganze Reihe von Anforderungen erfüllen: Sie müssen flexibel und zukunftssicher sein; sie müssen einen effizienten Einsatz elektrischer Energie unterstützen und sie sind im Idealfall zudem auch noch montagefreundlich konstruiert. Vor allem müssen sie jedoch eines sein: sicher. Mit seinen Systemen Univers N bis 1.600A und Unimes H bis 4.000A bietet Hager gleich zwei Lösungen an, die diesen hohen Anforderungen gerecht werden.

 Energieverteiler Unimes H mit Ausbau Univers N und integriertem aktiven St?rlichtbogenschutz (Bild: Hager Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG)

Energieverteiler Unimes H mit Ausbau Univers N und integriertem aktiven Störlichtbogenschutz (Bild: Hager Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG)

Ein entscheidendes Kriterium hinsichtlich der Sicherheit von Energieverteilungen bildet die DIN EN61439. Sie ist die Grundlage für die normgerechte Herstellung von Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen. Die Hauptfunktionen der Norm betreffen im Wesentlichen drei Bereiche: Zum einen die Sicherheit mit Aspekten wie Spannungs- und Kurzschlussfestigkeit, Strombelastbarkeit oder Schutz gegen den elektrischen Schlag; zum anderen die Funktion der Anlage hinsichtlich des Schutzes vor Umwelteinflüssen, der Betriebsfähigkeit sowie hinsichtlich Installation, Anschluss und Inbetriebnahme. Darüber hinaus stellt die Norm eine hohe Verfügbarkeit sicher durch Vorgaben zur Wartung, zum Austausch von Bauteilen sowie zur Änderung beziehungsweise zur Erweiterung einer bestehenden Anlage. Darüber hinaus stellt die DIN EN61439 sicherheitsrelevante Anforderungen an die Mechanik sowie an die Konstruktion von Anlagen und sie verlangt die Erfüllung strenger Vorgaben beim Personen- sowie beim Anlagenschutz.

 Kurzschlie?er des aktiven St?rlichtbogenschutzsystems (Bild: Hager Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG)

Kurzschließer des aktiven Störlichtbogenschutzsystems (Bild: Hager Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG)

Sicherheitskriterium ‚Bauartnachweis‘

Vom sogenannten ‚ursprünglichen Hersteller‘ der Anlagenbauteile verlangt die Norm den Nachweis der Bauart durch Prüfung, Berechnung oder Konstruktionsregeln. Diese Daten sind dem Schaltanlagenbauer als Grundlage für dessen Ausführung der individuell erstellten Schaltgerätekombination zur Verfügung zu stellen. In der Verantwortung des Schaltanlagenbauers als Hersteller der Anlage liegt das Lösungsdesign für die fertige Schaltgerätekombination sowie für die Einhaltung des Bauartnachweises. In diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig: Nimmt ein Hersteller Veränderungen an einer Anlage vor, die nicht im Bauartnachweis des ursprünglichen Herstellers enthalten sind, wird er automatisch zum ursprünglichen Hersteller. Das ist auch beim Austausch von Schaltgeräten unterschiedlicher Hersteller zu beachten.

Störlichtbogenschutzsysteme sorgen für Personen- und Anlagensicherheit

Von entscheidender Bedeutung für einen hohen Personenschutz und einen sicheren Anlagenbetrieb sind neben dem Bauartnachweis auch wirkungsvolle Störlichtbogenschutzsysteme. Generell sind zwei Arten des Störlichtbogenschutzes möglich: der aktive und der passive. Der passive Schutz soll die Entstehung eines Lichtbogens verhindern, beziehungsweise die Wahrscheinlichkeit der Entstehung reduzieren. Als Schutzeinrichtungen werden hierzu beispielsweise Isolationsplatten eingesetzt. Ein Beispiel hierfür ist das System Unimes H von Hager, das durch innere Unterteilungen und eine gezielte Führung des Lichtbogens einen passiven Störlichtbogenschutz besitzt. Ein aktives Störlichtbogenschutzsystem hingegen gewährleistet die schnelle Abschaltung einer Anlage beim Auftreten eines Störlichtbogens. Ein Beispiel für solch ein Schutzsystem ist der aktive Störlichtbogenschutz von Hager. Dieser ist nach IEC/TR 61641 geprüft und entspricht damit der DIN EN60439-1. Das Schutzsystem besteht aus fünf aufeinander abgestimmten Komponenten, die beim Auftreten eines Störlichtbogens die Schaltanlage sicher abschalten. Dieser Vorgang dauert weniger als drei Millisekunden, sodass der Störlichtbogen keine gravierenden Schäden an der Anlage verursachen kann.

Systemlösungen bis 4.000A

 Univers N bis 1600A (Bild: Hager Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG)

Univers N bis 1600A (Bild: Hager Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG)

Mit seinen Energieverteilungssystemen Univers N und Unimes H bietet Hager komplette Lösungspakete an, die sowohl die normativ geforderte Sicherheit bei der Verteilung hoher Betriebsströme gewährleisten als auch die eingangs genannten allgemeinen Kriterien moderner Verteilungen erfüllen. Das Innenausbau-Verteilersystem Univers N zum Aufbau von Niederspannungsverteilungen ist der Klassiker von Hager. Ursprünglich ausgelegt für Anwendungen bis 630A, hat der Hersteller das Einsatzspektrum dieses Systems mittlerweile auf 1.600A erweitert. Der Einbau erfolgt in das Univers Verteilerschranksystem; dieses erfüllt die Normen VDE0660 Teil 600-1, 2 und 3 (DIN EN61439-1, 2, 3). Es setzt sich zusammen aus IP40-Standschränken sowie aus IP41- und IP54-Anreihstandverteilern. Die 1- bis 6-feldigen Schranksysteme stehen in den unterschiedlichsten Größen von 144 bis 864 Platzeinheiten zur Verfügung. Nicht minder variabel zeigt sich das Innenausbausystem. Es ist wahlweise erhältlich in komplett vormontierten Funktionseinheiten oder als Einzellieferform für die ‚eigenhändige‘ Herstellung von berührungsgeschützten Funktionseinheiten. Wie alle Hager-Lösungen zeichnet sich auch das Innenausbausystem durch eine ganze Reihe von montagefreundlichen Konstruktionsmerkmalen aus, die für eine einfache, sichere und schnelle Montage sorgen. Dazu zählen beispielsweise die drehbaren N-/PE-Schienenträger, mit denen sich die Sammelschienen um 360° drehen lassen. Damit erlauben die Träger eine problemlose Einhaltung der zulässigen Biegeradien beim Anschluss der Einspeisekabel. Der Sammelschienenträger ist zur Aufnahme von Kupferschienen für 50mm Montageabstand der Abmessungen 20mm, 30mm, 40mm x 5mm und x 10mm ausgelegt und deckt die Bereiche 800, 1.250 und 1.600A ab. Weitere Montagevorteile von Univers N sind unter anderem die steckbaren Verschlussbolzen und die serienmäßigen Plombierbolzen für die Kunststoffabdeckungen sowie die freie Zugänglichkeit der Schaltgeräte von allen Seiten.

System für hohe Betriebsströme bis 4.000A

 Unimes-H-Systeml?sung bis 4.000A (Bild: Hager Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG)

Unimes-H-Systemlösung bis 4.000A (Bild: Hager Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG)

Für Einspeisungen bis 4.000A hat Hager das Verteilereinbausystem Unimes H zur Herstellung bauartgeprüfter Energieverteiler mit Schranktiefen bis 800mm entwickelt. Ein wesentlicher Vorteil dieses Systems ist seine innere Raumaufteilung. Diese ist besonders übersichtlich strukturiert und ermöglicht den Ausbau von inneren Unterverteilungen nach EN61439-1/-2 bis Bauform 4b. Die klare Aufteilung trennt jedoch nicht nur die Funktionsbereiche Sammelschienengeräteraum und Kabelanschlussraum voneinander, sondern sie minimiert auch die Wahrscheinlichkeit von Störlichtbögen. Die erbrachte Störlichtbogenschutzprüfung nach IEC/TR 61641 macht dieses System ohnehin zur sicheren Wahl bei der Verteilung hoher Betriebsströme. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass nicht mehr als zwei Basisschränke die konstruktive Grundlage von Unimes H bilden. Die Vorteile dieser reduzierten Lösung liegen auf der Hand: Maximale Übersicht, reduzierter Bestellaufwand sowie höhere Montagesicherheit. Dabei bieten die Schränke höchste Montageflexibilität, da bis zu drei Hauptsammelschienensysteme im oberen, mittleren und unteren Anschlussfeld einbaubar sind, die sich zudem ohne seitlichen Platzverlust durch wartungsfreie Schraubverbindungen kuppeln lassen. Die optimierte Anordnung der bis zu 100ka Icw (1s) kurzschlussfesten und in sechs Nennstromstärken erhältlichen Sammelschienen reduziert nicht nur die Verlustleistung, sondern sie bietet auch einen großzügig bemessenen Freiraum zum Anschließen der ankommenden Kabel. Als Schaltgeräte steht die gesamte Bandbreite der Univers-N-HochstromSystemtechnik zur Verfügung. Hervorzuheben sind die offenen Leistungsschalter HW, die mit einer Bautiefe von nur rund 290mm bei Festeinbau und 345mm bei Einschubtechnik höchste Schaltleistung auf engstem Raum bieten. Die Cu-Anbindung von Geräten an das Hauptsammelschienensystem erfolgt mit handelsüblichen Kupferschienen und Schrauben. Ein bohrungslos montierbarer Anschlusswinkel garantiert dabei kürzeste Verbindungswege und geringste Cu-Biegungen.

Energieeffizienter Anlagenbetrieb

Zur hohen Wirtschaftlichkeit von Unimes H tragen auch die nach DIN EN61439 geprüften Blindleistungskompensations-Systeme bei, die Hager als Modulsysteme von 75 bis 400kvar anbietet. Besonders praktisch: Die Systemregler der Module verfügen über eine Modbusschnittstelle, über die sie an den Argadio.Manager angeschlossen werden können. Dieses Modulargerät ist die zentrale Einheit des Energiemonitoringsystems von Hager. An den Server können bis zu 31 modbusfähige Messgeräte beziehungsweise Geräte mit integrierter Messfunktion dieses Herstellers angeschlossen werden. Dazu zählen beispielsweise die offenen Leistungsschalter mit Modbusschnittstelle, Messeinrichtungen für NH-Sicherungslasttrennschalter oder auch Energieanalysegeräte sowie -messgeräte. Mit diesen Systemkomponenten lassen sich an allen relevanten Stellen einer Niederspannungsverteilung Messwerte für ein umfassendes Monitoring abgreifen. Die Visualisierung die Messwerte über jeden Internetbrowser beispielsweise am Computer oder an mobilen Endgeräten wie Tablets erfolgen.

Fazit

Mit seinen Energieverteilungssystemen Univers N bis 1.600A und Unimes H bis 4.000A hat sich Hager mittlerweile fest im Hochstrombereich etabliert. Die wachsende Beliebtheit dieser Systeme im Schaltanlagenbau ist nicht zuletzt auf die Philosophie des Unternehmens zurückzuführen, in allen Bereichen als Komplettanbieter mit montagefreundlichen Lösungen und umfassenden Serviceleistungen aufzutreten. Dazu zählt auch das 3D-Servicetool Hagercad zum Planen, Projektieren, Kalkulieren und der Erstellung von Stromlaufplänen für Univers N sowie Wericom, das als 2D-Ausführung die Planung und Projektierung von Unimes-H-Anlagen erheblich vereinfacht.

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