Tipps zum Aufbau robuster IT-Umgebungen

Tipps zum Aufbau robuster IT-Umgebungen

Flexibel nutzbare IT-Schränke
in der Fabrikhalle

Das Internet der Dinge, vernetzte Maschinen und hoch automatisierte Produktionsstraßen erzeugen in der Fertigung ständig neue Daten. Produzierende Unternehmen benötigen daher IT-Lösungen, die auch in heißen und staubigen Werkshallen zuverlässig funktionieren. Wie aber gelingt es, immer mehr IT-Technik in die Produktion zu integrieren und dabei die empfindliche Elektronik der IT-Komponenten zu schützen? Der folgende Beitrag zeigt, was zu beachten ist, wenn IT, Produktionsleitung und Facility Management gemeinsam, eine ausfallsichere IT-Infrastruktur realisieren.

 Rittal GmbH & Co. KG (Bild 1 | Industrieunternehmen benötigen IT-Lösungen, die auch in heißen und staubigen Umgebungen  zuverlässig funktionieren - wie das TS IT Rack von Rittal.)

Rittal GmbH & Co. KG (Bild 1 | Industrieunternehmen benötigen IT-Lösungen, die auch in heißen und staubigen Umgebungen zuverlässig funktionieren – wie das TS IT Rack von Rittal.)


Bei der Modernisierung ihrer Produktion setzen viele Unternehmen auf Konzepte, die eine enge Integration der bestehenden Fertigungsumgebung mit modernen IT-Lösungen vorsieht. Setzt sich diese Entwicklung fort, finden sich schon bald in jedem Hallenverteiler intelligente und vernetzte Geräte. Bekannt ist diese Entwicklung unter dem Begriff Industrie 4.0. Bei der Fabrikmodernisierung sind deutsche Unternehmen ganz vorne dabei: Eine im April 2016 veröffentlichte Umfrage des Branchenverbandes Bitkom zeigt, dass Deutschland bei Industrie 4.0-Vorhaben nach den USA auf Platz zwei liegt, noch vor Japan, Frankreich und China. Fast jedes zweite Unternehmen hierzulande setzt bereits auf Industrie 4.0-Anwendungen. Dazu sagt Frank Riemensperger, Bitkom-Präsidiumsmitglied: „Die vierte industrielle Revolution ist in der Werkhalle angekommen.“

IT und Staub vertragen sich nicht

Nicht in jedem Industriezweig stehen Reinräume für die Produktion zur Verfügung, wie dies bei Herstellern von Solarpanels oder Chipherstellern der Fall ist. In Großbäckereien fällt z.B. feiner Mehlstaub an, der jedes ungeschützte IT-System in kürzester Zeit beschädigen würde. Im schlimmsten Fall könne es sogar zu Explosionen kommen. Auch physische Beschädigungen durch Gabelstapler können jederzeit vorkommen. Bei Reinigungsarbeiten könnte ein auf ein offenes IT-Gehäuse gerichteter Wasserstrahl schnell zu einem Ausfall führen. Daher ist eine entsprechende Schutzwertigkeit der Schränke notwendig. Wichtig ist, dass Unternehmen ein durchgängiges Sicherheitskonzept entwickeln. So müssen bereits die Kleingehäuse bei den Produktionsanlagen mit in das Schutzkonzept aufgenommen werden, um diese Geräte zuverlässig zu sichern, z.B. gegen EMV-Einstrahlung. Zudem sollen sämtliche Gehäuse Vibrationen zuverlässig widerstehen und natürlich Staub, Schmutz und Flüssigkeiten abhalten. Die Schutzklasse wird in der internationalen IP-Norm (‚International Protection‘) ausgedrückt. In rauen Produktionsumgebungen sollten Server- und Netzwerkschränke installiert werden, die mindestens die Schutzart IP55 unterstützen. Derart geschützte Schränke helfen dabei, schädliche Staubablagerungen im Innern zu vermeiden. Außerdem verfügen sie über einen vollständigen Berührungsschutz und sind gegen Strahlwasser aus allen Richtungen geschützt.

Welchen Schrank auswählen?

Üblicherweise sind keine Sonderanfertigungen an Gehäusen und IT-Schränken notwendig, um eine Industrie 4.0-Umgebung zu realisieren. Vielmehr lassen sich standardisierte Produkte verwenden, sofern diese flexibel ausbaubar sind. Wichtig ist hierbei, dass die Lösungen trotz individueller Anpassungen immer noch auf Standards basieren. Denn so ist es für Unternehmen erheblich leichter, bestehende und neue Vorschriften rund um den Bau von IT-Umgebungen umzusetzen. Ein Beispiel für einen hochflexiblen IT-Schrank ist der TS IT von Rittal. Dieser bietet eine auf Standards basierende Plattform und ist gleichzeitig variabel ausbaubar. Der Vorteil dieser Standardplattform mit gleichzeitiger Variantenvielfalt: Alle Komponenten lassen sich über die gleiche Befestigungsmethode einbauen. Die von Rittal verwendete Snap-in-Technik erlaubt im Idealfall sogar die komplett werkzeugfreie Montage. Bestellung und Lagerhaltung werden vereinfacht. Unternehmen müssen weniger Ersatzteile vorhalten und können Lagerbestände auf das Minimum beschränken. Auch Zusatzfunktionen profitieren von der homogenen Ausstattung. So lassen sich alle Gehäuse mit einheitlichen Schließsystemen ausstatten, Generalschlüssel passen für jede Tür und erleichtern den Zugang für Administratoren und Techniker enorm.

Spezielle IT-Kühlung notwendig

Sobald in Schränken mit hoher Schutzart aktive IT-Komponenten vorhanden sind, ist eine passive Kühlung durch ausblasende Lüfter alleine nicht mehr möglich. Bei einer hohen Schutzart ist das Gehäuse sogar luft- und wasserdicht verschlossen, um die Systeme vor eindringendem Wasser bei vorübergehender Überflutung zu schützen. Durch die Dichtigkeit der Gehäuse wird es schwieriger, Abwärme einfach über einen Lüfter nach außen zu transportieren. Hierbei müssten dann Filterlüfter mit Schutzart verwendet werden. Oder es kommen Kühlsysteme zum Einsatz, die die Wärme am Ort der Entstehung aufnehmen und an einer anderen Stelle an die Umgebung abgeben. Für sehr hohe Abwärme gibt es ein Kühlmedium. Sofern kein Kühlmittel bzw. Kaltwasser vorhanden ist, kann die Lösung ein Kühlgerät für den IT-Schrank sein, das über einen Kompressor für die Kälteerzeugung verfügt. Möglich ist auch die Nutzung von Prozesskälte, die z.B. vorliegt, wenn der Produktionsprozess sowieso Kaltwasser erfordert. Generell sollte das IT-Team bei der Planung darauf achten, dass der benötigte IP- und Zugriffschutz mit einer dazu passenden Klimatisierung installiert wird. Hier sind in jedem Fall enge Absprachen mit dem Facility Management notwendig. Ein weiterer Schwerpunkt der intelligenten Produktion ist die Netzwerktechnik sowie die damit verbundene Verkabelung. Intelligente Maschinen in der Fertigung verfügen über zahlreiche Sensoren und sind Internetfähig. Das heißt, sie kommunizieren über das IP-Protokoll. Für die Internet-Technologie sind die entsprechenden Anschlüsse, Verteiler und Netzwerkkomponenten innerhalb der Produktionsumgebung zu verlegen. Die hohe Sensorendichte einer vollautomatischen Fabrik erzeugt große Datenmengen – entsprechende Kapazitäten sind bei den Switches und auch bei den vor Ort installierten Servern zu berücksichtigen. Bei der Entscheidung für einen IT-Schrank sollte daher die Digitalisierungsstrategie innerhalb der Produktion beachtet werden.

Zugriff auf die IT sichern und Brandschutz

In einer Fabrikhalle haben viele Menschen Zugang zu den dort aufgestellten Maschinen und IT-Schränken. Neben den Mitarbeitern an der Produktionsstrecke sind dies z.B. Reinigungskräfte oder weiteres Service-Personal. Gehäuse für IT- und Netzwerktechnik benötigen daher abschließbare Türen und optional elektronische Schlösser zur Protokollierung der Zugänge. Auch die Seitenwände dürfen nicht einfach abnehmbar sein. Denn: Ein Industriespion könnte über die geöffnete Seitenwand mit einem USB-Stick einen Virus in Minutenschnelle in die Server einspielen oder Dateien direkt kopieren. Für den Brandschutz sind ebenfalls intelligente Lösungen notwendig. Empfehlenswert ist eine direkt im IT-Rack installierte Löschanlage: Eine Brandfrüherkennung und ein Aktivlöschsystem schützen die IT-Anlage zuverlässig und verhindern, dass es zu einem größeren Feuer kommt. Somit muss ein Unternehmen weder die komplette Produktion stoppen noch die Fabrikhalle evakuieren, nur weil das Netzteil eines Netzwerkverteilers zu schmoren anfängt.

Stromversorgung

Die Energieversorgung von IT-Komponenten in der Fabrikhalle muss individuell und unter Berücksichtigung der vorhandenen Produktionsumgebung entwickelt werden. So kann das Anlaufen von großen Maschinen oder starken Elektromotoren für Schwankungen im Stromnetz sorgen. Diese lassen sich über zusätzliche USV-Systeme ausfiltern, um so die Energieversorgung zu stabilisieren. Ein ausreichend dimensionierter IT-Schrank nimmt die USV-Anlage auf. Wichtig ist auch, dass sich IT und Produktionsleitung abstimmen und ein Energiekonzept entwickeln, das die Anforderungen beider Welten berücksichtigt. Beispielsweise bei einem Stromausfall in einer Druckerei müssen die Druckmaschinen vor dem Herunterfahren die Papierrollen erst in eine sichere Parkposition bringen. Gleichzeitig ist es wichtig, ein kontrolliertes Herunterfahren der IT-Systeme zu gewährleisten.

Kompetenzgerangel vermeiden

Schon alleine die enge Abstimmung von IT und Facility Management kann zu längeren Diskussionen führen. Kommen jetzt noch Verantwortliche für die Fertigungsautomation und die Produktion hinzu, sitzen noch mehr Parteien an einem Tisch, die alle ganz unterschiedliche Vorstellungen von einer Fabrik der Zukunft haben. Daher sollte von Anfang an die Organisation inklusive der Zuständigkeit geklärt werden. Wie fließend die Zuständigkeiten sein können, zeigt das Beispiel eines Temperatursensors, der einen Netzwerk-Switch in der Fabrikhalle überwacht. Aus Sicht der IT sollte die Überwachung mithilfe einer DCIM-Software erfolgen und in das zentrale Monitoring im Rechenzentrum einfließen. Da jedoch ein Stillstand der Produktion bei Ausfall des Switches droht, möchte der Leitstand in der Fabrik ebenfalls über den Status informiert sein. Als Alternative bietet sich an, die Sensordaten über eine OPC-Unified Architecture (OPC-UA) zu versenden und alle beteiligten Funktionsbereiche in die Kommunikation einzubinden. Rittal bietet z.B. mit CMC III ein Überwachungssystem, das die Integration unterschiedlicher Sensoren und CAN-Bus-Einheiten ermöglicht und Alarme über verschiedenste Protokolle und Kommunikationswege versendet. Eine für alle Betriebe passende Organisation gibt es jedoch nicht, da in jedem Unternehmen die IT- und Produktionskompetenzen unterschiedlich verteilt sind. Generell sollten natürlich die Ingenieure aus dem Maschinenbau ihre Kompetenzen entsprechend in die Produktion einbringen und die IT-Experten rund um die Ausgestaltung der IT-Infrastruktur beraten. Ein externer Berater kann helfen, die unterschiedlichen Interessen zu vereinen und bei der Auswahl geeigneter Technologien und Produkte zur Umsetzung einer Industrie 4.0-Initiative helfen.

Thematik: Allgemein
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