Zündgeschützte Kabelverschraubungen für den Ex-Bereich

Schutz und Schirmung durch alle Zonen

Neben dem Bergbau sind von der Öl- und Gasförderung über die Chemie- und Pharmaindustrie bis zu Betreibern von Biogasanlagen zahlreiche Branchen mit den Herausforderungen des Explosionsschutzes konfrontiert. Wo sich Zündgefahren durch mechanisch oder elektrisch verursachte Funkenbildung bzw. heiße Oberflächen nicht ausschließen lassen, muss das Explosionsrisiko durch sicherheitstechnische und konstruktive Maßnahmen gebannt werden. Dies gilt nicht nur für die Betriebsmittel selbst, sondern auch für die Installations- und Anschlusstechnik. Hierfür führt die auf Kabelverbindungen spezialisierte Firma Agro, Teil der Kaiser Group, ein breites Spektrum Ex-geschützter Lösungen in verschiedenen Zündschutzarten im Sortiment.
Bild 1 | Die Ex e-konforme Modellreihe EasyConnect mit besonders montagefreundlicher EMV-Federkontaktierungen
Bild 1 | Die Ex e-konforme Modellreihe EasyConnect mit besonders montagefreundlicher EMV-FederkontaktierungenBild: Kaiser GmbH & Co KG

In Anlagenbereichen, in denen sich durch Gasgemische, Dämpfe oder Stäube eine explosionsfähige Atmosphäre bilden kann, besteht die Pflicht, Zündgefahren sicher auszuschließen. Die entsprechenden Schutzvorkehrungen sind in der IEC60079 als Zündschutzarten klassifiziert. Elektrische oder elektronische Komponenten dürfen nur unter der Gewährleistung eingesetzt werden, dass von ihnen kein Explosionsrisiko ausgehen kann. Daher sind die Betreiber aufgefordert, die Explosionsgefahr ihrer Anlagen anhand einer Gefährdungsbeurteilung zu bestimmen und für die einzelnen Bereiche je nach ermitteltem Gefahrenpotenzial entsprechende Ex-Schutzzonen auszuweisen. Als Zone 0 für explosionsfähige Gase/Dämpfe bzw. 20 (Staub) klassifizierte Bereiche weisen ständig, langzeitig oder häufig eine explosionsfähige Atmosphäre auf. In den Zonen 1 und 21 kann im normalen Betrieb gelegentlich eine explosionsfähige Atmosphäre auftreten, während mit einer solchen in Zone 2 bzw. 22 – wenn überhaupt – nur selten und kurzzeitig zu rechnen ist.

Zündschutzarten und Gerätekategorien

In Ex-Schutzzonen installierte elektrische Betriebsmittel wie Abzweig- und Verbindungskästen, Akkumulatoren, Transformatoren, induktive Vorschaltgeräte, Elektromotoren und Leuchten müssen zündgeschützt ausgeführt und angeschlossen sein. Große Bedeutung kommt hierbei den Kabelverschraubungen zu, die nicht nur dem Leitungs- und Biegeschutz, der Zugentlastung und EMV-Kontaktierung dienen, sondern die Absicherung gegen Zündgefahren nach innen wie außen sicherstellen. Die erforderliche Schutzwirkung der Kabelverschraubungen wird durch unterschiedliche Zündschutzarten realisiert, zu denen vor allem die druckfeste Kapselung (Ex d), erhöhte Sicherheit (Ex e) und Eigensicherheit (Ex i) zählen. Außer durch ihre Zündschutzarten sind die Betriebsmittel durch Gerätegruppen und -kategorien spezifiziert. Die Gerätegruppe I umfasst schlagwettergefährdete Geräte zur Verwendung im Bergbau und für bergbautechnische Anlagen. Zur Gruppe II zählen explosionsgeschützte Betriebsmittel für alle anderen Bereiche. Die zweite Gruppe wird weiter entsprechend ihres Sicherheitslevels und Anwendungsrisikos in die Kategorien 1G, 2G und 3G für Gas sowie 1D, 2D und 3D für Staub unterteilt. Der Schutzgrad reicht von einem mit 1 gekennzeichneten sehr hohen Maß an Sicherheit bis zur 3 für einen normalen Schutzgrad zur Gewährleistung erhöhter Sicherheit.

Druckfeste Kapselung (Ex d)

Bild 2 | Ex Compact MS: Druckfest gekapselte Modellreihen für Zone 1/21 mit metrischen, zölligen und Pg-Gewinden
Bild 2 | Ex Compact MS: Druckfest gekapselte Modellreihen für Zone 1/21 mit metrischen, zölligen und Pg-GewindenBild: Kaiser GmbH & Co KG

Gemäß der Zündschutzart Ex d gefertigte Betriebsmittel und Komponenten sind derart konstruiert, dass ihr Gehäuse dem Explosionsdruck im Inneren standhält und die Übertragung der Explosion auf die umgebende explosionsfähige Atmosphäre verhindert. Hierzu muss die mechanische Festigkeit einem definierten Sicherheitsfaktor gegen innere Explosionsdrücke entsprechen. Zudem sind Spaltverbindungen zwischen Gehäuseteilen so eng und lang zu gestalten, dass austretendes heißes Gas nicht mehr zündfähig ist. Die Parameter für zünddurchschlagsichere Spalte variieren abhängig von den Explosionsgruppen, die bei explosiven Gasgemischen nach IIA, IIB und IIC klassifiziert werden. Während für Gase der Gruppe IIA wie Propan Grenzspaltwerte von >0,9mm zulässig sind, muss die Spaltweite beim Einsatz bspw. in zündfähiger wasserstoffhaltiger Atmosphäre (IIC) 0,5mm unterschreiten. Mit den Kabelverschraubungen Ex Compact MS führt die schweizerische Firma Agro druckfest gekapselte Modellreihen für Zone 1/21 mit metrischen, zölligen und Pg-Gewinden für Kabeldurchmesser ab 3mm bis 50mm im Programm. Die aus vernickeltem Messing gefertigten Kabelverschraubungen erfüllen die Schutzart IP66 bzw. IP68 (30 bar) und sind für einen erweiterten Temperaturbereich zwischen -60 und +105°C zugelassen. Das massive Gehäuse mit zünddurchschlagsicheren Spalten verhindert zuverlässig ein Austreten zündfähiger Funken oder Gase in explosionsgefährdete Zonen. Für eine gerätenahe, platzsparende Zugentlastung bei beengtem Einbauraum bietet Agro die Verschraubungen auch mit äußeren Klemmbacken an. Alle Varianten sind auf Anfrage ebenso in A2- oder A4-Edelstahlausführungen lieferbar.

Erhöhte Sicherheit (Ex e)

In der Zündschutzart „erhöhte Sicherheit“ ausgeführte Betriebsmittel verhindern das Eindringen einer explosionsfähigen Atmosphäre in das Gehäuseinnere sowie Zündgefahren aufgrund zu heißer Gehäuseaußenseiten. Ein Ex e-zertifiziertes Gerät darf somit weder Temperaturen annehmen, die oberhalb der Temperaturklasse eventuell am Einsatzort auftretender Gase liegen, noch dürfen Lichtbögen oder elektrisch bzw. mechanisch erzeugte Funken auftreten. Bei elektrischen Maschinen kommt der elektrisch-thermischen Prüfung deshalb ein sehr hoher Stellenwert zu. Im Betrieb ist der Schutz vor Überlastung essentiell für die Gewährleistung des Explosionsschutzes. Neben besonderen Schutzmaßnahmen für nichtisolierte, aktive Teile impliziert die Schutzart Ex e größer bemessene Luft- und Kriechstrecken sowie höhere Anforderungen an den IP-Schutz und die thermische Absicherung von Wicklungen gegen Überhitzung. Mit der Baureihe Progress bietet Agro ein großes Sortiment Ex e-geschützter Kabelverschraubungen einschließlich EMV-geschirmter Modelle. Die geschirmten Einheiten Progress EMV sind in zahlreichen Varianten zur sicheren, montagefreundlichen Einführung von durchgehenden oder in der Kabelverschraubung endenden Schirmgeflechten erhältlich. Sie eignen sich als geschirmte Anschlusslösung für frequenzgesteuerte Motoren, Abzweig- und Verbindungskästen, Messwarten, induktive Vorschaltgeräte sowie Leuchten in explosionsgefährdeten Bereichen einschließlich Zone1/21. Die aus vernickeltem Messing gefertigten Verschraubungen bieten die Schutzart IP66 bzw. IP68 (10 bar) und können in einem erweiterten Temperaturbereich von -60 bis +100°C eingesetzt werden. Zur Wahl stehen Ausführung mit metrischen, Pg-, oder zölligen Anschlussgewinden für Kabeldurchmesser von 2,5 bis 52mm. Die EMV-Schirmung erfolgt mittels Kontaktscheibe, Kontakthülse oder der besonders montagefreundlichen Federkontaktierungen EasyConnect. Komplettiert wird das Angebot durch Ex e-konforme Kombi-Schlauchverschraubung zur sicheren Abdichtung und Zugentlastung von im Schutzschlauch eingeführten Kabel und Leitungen.

Bild 3 | Ex-geschützte Anschlusslösung für Elektromotoren zur Verhinderung 
von Zündgefahren in explosionsgefährdeten Bereichen
Bild 3 | Ex-geschützte Anschlusslösung für Elektromotoren zur Verhinderung von Zündgefahren in explosionsgefährdeten BereichenBild: Kaiser GmbH & Co KG

Eigensicherheit (Ex i)

Die dritte, für Ex-geschützte Kabelverschraubungen verbreitete Zündschutzart ist die Eigensicherheit (Ex i). Bei diesem Schutzprinzip werden sämtliche in einem Stromkreis auftretenden Spannungen, Ströme und Leistungen auf Werte begrenzt, die weder zur Bildung zündfähiger Funken noch zu unzulässig hohen Oberflächentemperaturen führen können. Die bevorzugt zur Absicherung der Signal- und Datenübertragung eingesetzte Zündschutzart ermöglicht ein hohes Sicherheitsniveau und eine besonders praktikable Handhabung per hot-work- und hot-swap-Zugriff im laufenden Betrieb. Zum Nachweis der Eigensicherheit müssen alle angeschlossenen Betriebsmittel sowie deren Zusammenschaltung und Zusammenwirken einschließlich der Verbindungsleitungen betrachtet und dokumentiert werden. Für Ex i-geschützte Applikationen sind bei Agro aus glasfaserverstärktem Polyamid gefertigte Verschraubungen der Modellreihe Progress GFK EX mit metrischen oder Pg-Anschlussgewinden für Querschnitte von 4,5 bis 52mm erhältlich. Diese gemäß erhöhter Sicherheit geprüften Einheiten dürfen – wie durch die blaue Druckhutmutter gekennzeichnet – auch im Bereich Eigensicherheit i II nach IEC/EN60079-11 eingesetzt werden. Ausgeführt in Schutzart IP66 bzw. IP68 (10 bar) sind die Kabelverschraubungen für Temperaturbereiche zwischen -20 und +85°C zugelassen und für alle Ex-Schutzzonen einschließlich der Zonen 0 und 20 zertifiziert.

Fazit

Als Spezialist für Verbindungs- und Installationstechnik verfügt die schweizerische Firma Agro über ein Produktsortiment von mehr als 7.000 Artikeln für Industrie und Handwerk. Das breitgefächerte Angebot beinhaltet verschiedene Modellreihen explosionsgeschützter Kabelverschraubungen für den sicheren Einsatz bis Zone 0/20. Zur Wahl stehen Lösungen mit verschiedenen Zündschutzarten in Messing-, Edelstahl- und Kunststoffausführung auch mit integrierter Schirmung sowie Ex d-geschützte Modellreihen.

Kaiser GmbH & Co KG

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