Normen im Schaltschrankbau

Fazit

Eine Schaltgerätekombination, die in der EU in den Verkehr gebracht wird, ist vorbehaltlich sonstiger Rechtsvorschriften nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu bauen und zu prüfen. Die Anwendung harmonisierter Normen lässt vermuten, dass alle Richtlinien eingehalten wurden. n Keine Angst vor der DIN EN61439

Vieles, was in der Norm gefordert wird, wurde auch in der Vergangenheit durch den Planer bzw. Schaltschrankbauer ausgeführt. Wesentlicher Zusatzaufwand ist jedoch die zusätzlich geforderte Dokumentation. Ziel der Norm ist die Festlegung von Begriffen sowie die Vorgabe von Betriebsbedingungen, Bauanforderungen, technischen Eigenschaften und Anforderungen für erforderliche Nachweise. Wesentliche Neuerungen sind:
  • • klare Definition der Zuständigkeiten und Verantwortungen
  • • Bemessung und Beschreibung der externen Schnittstellen ‚Black Box‘
  • • konstruktive und funktionale Anforderungen sind eindeutig beschrieben und festgelegt
  • • 100-Prozent-Prüfung gefordert durch Bauart- und Stücknachweis. (TSK und ‚teilweise Prüfung‘ durch PTSK entfallen)
  • • für einige der Nachweise sind alternative, aber gleichwertige Methoden möglich: Prüfung – Vergleich – Begutachtung
  • • Austausch von Schaltgeräten verschiedener Hersteller ist nicht zulässig, es muss jeweils ein neuer, separater Nachweis erfolgen.
  • • Die maximale Erwärmung darf nur noch für SK mit einem Bemessungsstrom bis 1.600A berechnet werden. Dabei dürfen Schaltgeräte und Leiterquerschnitte nur mit 80 Prozent des Bemessungsstroms ausgelegt werden. Für Schaltanlagen mit einem Bemessungsstrom über 1.600A muss der Nachweis der Erwärmung durch Prüfung erfolgen.
  • • Leergehäuse (nach IEC62208) wurden aufgenommen
  • • Forderung der Dokumentation Praktische Umsetzung der DIN EN61439
Eine Niederspannungs-Schaltgerätekombination wird durch die Definition der Schnittstellenparameter als Black-Box-Modell durch den Anwender oder Planer beschrieben. Der Hersteller hat aufgrund der Schnittstellenparameter den Ausbau der Niederspannungs-Schaltgerätekombination zu dimensionieren und zu definieren. Die IEC/TR 61439-0 (EN61439-1 Bbl 1) liefert praktische Hilfestellungen zur Schnittstellendefinition. Der Bauartnachweis dient zum Nachweis der Übereinstimmung der Bauart der Schaltgerätekombination oder des Schaltgerätekombinationssystems mit den Anforderungen der Normen-Reihe EN61439. Die vollständige und detaillierte Dokumentation der einzelnen Bauartnachweise für die vom ursprünglichen Hersteller entwickelte Schaltgerätekombination inklusive aller Prüfberichte und Protokolle ist durch den ursprünglichen Hersteller zu erstellen. Für die Bestätigung des Bauartnachweises gegenüber dem Hersteller einer Schaltanlage oder einem Anwender ist die Weitergabe dieser ausführlichen Dokumentation nicht erforderlich. Hierfür kann eine Zusammenfassung der durch die Schaltgerätekombination erfüllten Eigenschaften verwendet werden. Diese Zusammenfassung des Bauartnachweises sollte jedoch je Einzelnachweis die gewählte Nachweismethode und die bestätigten Bemessungsangaben beinhalten. Die unterschiedlichen Nachweise bestätigen, dass die zusammengefügten Komponenten einer Schaltgerätekombination miteinander sicher funktionieren. Daher sind bei einigen Nachweisen auch Prüfungen oder Vergleiche erforderlich, die nur durch Nachweis der Kombination verschiedener Produkte (z.B. Frequenzumrichter im Gehäuse eingebaut) erbracht werden können. Die Prüfung einzelner Geräte oder Komponenten ersetzen nicht die Nachweise des Bauartnachweis. Der Stücknachweis einer Schaltgerätekombination dient zur Feststellung von Materialfehlern oder Fertigungsfehlern während der Herstellung einer Schaltgerätekombination. Jede Schaltgerätekombination, die in Verkehr gebracht werden soll, muss durch einen Stücknachweis in ihrer Funktion und Sicherheit bestätigt werden. Das Ergebnis der Überprüfungen für den Stücknachweis wird in einem Protokoll festgehalten. Normaufbau der DIN EN61439Wichtige Begriffe sind:

Niederspannungs-Schaltgerätekombination

Zusammenfassung eines oder mehrerer Niederspannungsschaltgeräte mit zugehörigen Betriebsmitteln zum Steuern, Messen, Melden, Schützen und Regeln, mit allen inneren elektrischen und mechanischen Verbindungen und Konstruktionsteilen

(Zitat DIN EN61439-1 Abs. 3.1.1)

Schaltgerätekombinationssystem

komplettes Angebot mechanischer und elektrischer Komponenten (Gehäuse, Sammelschienen, Funktionseinheiten usw.) nach Definition des ursprünglichen Herstellers, die in Übereinstimmung mit den Anleitungen des ursprünglichen Herstellers zu unterschiedlichen Schaltgerätekombinationen zusammengebaut werden können

(Zitat DIN EN61439-1 Abs. 3.1.2)

Bauartnachweis

Nachweis an Mustern einer Schaltgerätekombination oder an Teilen von Schaltgerätekombinationen, um zu zeigen, dass die Bauart die Anforderungen der zutreffenden Schaltgerätekombinationsnorm erfüllt.

(Zitat DIN EN61439-1 Abs. 3.9.1)

Stücknachweis

Nachweis, dem jede Schaltgerätekombination während und/oder nach ihrer Herstellung unterworfen wird, um sicherzustellen, dass sie den Anforderungen der zutreffenden Schaltgerätekombinationsnorm entspricht

(Zitat DIN EN61439-1 Abs. 3.9.2)

ursprünglicher Hersteller

Organisation, die die ursprüngliche Konstruktion und den zugehörigen Nachweis der Schaltgerätekombination nach der zutreffenden Schaltgerätekombinationsnorm durchgeführt hat

(Zitat DIN EN61439-1 Abs. 3.10.1)

Hersteller der Schaltgerätekombination

Organisation, die die Verantwortung für die fertige Schaltgerätekombination übernimmt

ANMERKUNG Der Hersteller der Schaltgerätekombination darf eine andere Organisation als der ursprüngliche Hersteller sein.

(Zitat DIN EN61439-1 Abs. 3.10.2)

Anwender

Beteiligter, der die Schaltgerätekombination spezifizieren, kaufen, verwenden und/oder betreiben wird, oder jemand, der in seinem Auftrag handelt

(Zitat DIN EN61439-1 Abs. 3.10.3)

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