Fremdfeldstörungen bei Stromwandlern

Oft verkanntes Problem gebannt

Die Firma Redur aus Niederzier hat sich zum Ziel gesetzt, eine Lösung für die Verbesserung der Messgenauigkeit von Stromwandlern bei engen Platzverhältnissen und hohen Strömen zu entwickeln. Dieses Thema steht bei Schaltanlagenbauern immer wieder auf der Tagesordnung. Der nachfolgende Fachbeitrag beschreibt den Weg dorthin.
Bild 1 | Rückleitereinfluss auf einen Ringkern
Bild 1 | Rückleitereinfluss auf einen RingkernBild: Redur GmbH & Co. KG

Schaltschränke unterliegen einem starken Kostendruck. So ist es nicht verwunderlich, dass Schaltschränke in den letzten Jahren immer kompakter konstruiert wurden, um Material und damit Kosten zu sparen. Je kompakter, desto näher werden in aller Regel die stromführenden Leiter, wie z.B. Kupferschienen, angeordnet. Kommen Stromwandler zum Einsatz, kann dies mitunter negative Folgen auf die Messgenauigkeit der Stromwandler haben. Bei zu geringem Abstand zwischen stromführenden Schienen kann z.B. bei einem Nennstrom von 4.000A der Messfehler bei Nennstrom im Bereich von mehreren Prozent liegen, statt 0.2% wie beispielsweise bei einem Stromwandler der Klassengenauigkeit 0.2. Die Messungenauigkeit kann somit signifikant höher liegen. Oft fällt die Messungenauigkeit nicht während der Inbetriebnahme der Anlage auf, da Inbetriebnahmen normalerweise ohne Genauigkeitsmessungen durchgeführt werden.

Wie entstehen magnetische Fremdfeldstörungen?

Magnetfelder benachbarter Stromleiter können auf Genauigkeit und Winkelfunktion von Stromwandlern Einfluss haben. Bild 1 zeigt dazu einen benachbarten Rückleiter mit ursprünglich konzentrischen Feldlinien, wie diese in den Kern eines Stromwandlers (gelb) eindringen. Nach dem Eintritt teilt sich der magnetische Fluss a des Störfeldes im umgekehrten Verhältnis der magnetischen Widerstände auf. Der größere Teil des Flusses a1 nimmt daher den kürzeren Weg (rot). Ein kleinerer Teil des Flusses a2 legt die größere Wegstrecke zurück (grün). In Bild 1 ist der besseren Übersicht wegen nur das durch den Rückleiter gebildete Störfeld gezeichnet und nicht das Feld des durch den Stromwandler geführten Leiters, da die Überlagerung beider Felder die Zeichnung unübersichtlich werden ließe. Der zu messende Primärstrom Ip verursacht also ein magnetisches Feld. Dem eigentlichen Feld des Primärstroms wirkt das durch den Nachbarstrom erzeugte Feld entgegen, sodass als feldverursachende Durchflutung nur die Differenz Ip-Ns Is wirksam ist, die beim idealen Stromwandler Null wäre. Diese Differenz bewirkt ein Magnetfeld, welches die Quellenspannung E0 erzeugt, die erforderlich ist zur Überwindung der sekundärseitigen Widerstände. Dem Magnetfeld des Primärstroms wirkt also ein von dem Nachbarstrom erzeugtes Magnetfeld entgegen. Das so entstehende Hauptfeld addiert sich unter Beachtung der Richtung zu den Magnetfeldern a1 und a2. Das oben besprochene Gegenfeld fehlt allerdings bei grober Betrachtung nahezu beim Störfeld, sodass dessen Komponenten u.U. in der gleichen Größenordnung liegen wie das Hauptfeld und sogar größer sein können. Gemäß der in Bild 1 gezeigten Stromrichtung addieren sich das Feld p des Primärstroms und das Störfeld a1 auf der rechten Kernseite (rot), während auf der linken Seite (grün) eine Subtraktion stattfindet. Im ungünstigsten Fall kann dabei das rechte Kernstück in die Sättigung getrieben werden, verbunden mit großen Messfehlern. Da hierbei nur ein Teil des Kerns in Sättigung gerät, spricht man auch von partieller Sättigung. In der Regel treten störende Fremdfelder ja nach Stromwandler und Art der Stromschienen erst ab einer Stromstärke von 2.000A auf.

Wie können Fremdfeldstörungen verringert werden?

Zwar kann der Einfluss von Störfeldern durch konstruktive Maßnahmen im Stromwandler verringert, nicht jedoch gänzlich vermieden werden. Sofern es die Platzverhältnisse in einer Schalt- oder Energieverteilungsanlage zulassen, sollten Rück- oder Fremdleiter also nie zu nahe am Stromwandler vorbeigeführt werden. Auch sollten Stromwandler nie zu nahe an einer Biegestelle der stromführenden Schiene angebracht werden. Wie groß ein angemessener Abstand sein sollte, kann nicht pauschal beantwortet werden, da verschiedene konstruktive Maßnahmen Einfluss haben. Sollten die Platzverhältnisse nicht ausreichen, bieten einige Hersteller sogenannte kompensierte Stromwandler an. Bei der Kompensation wird ein Teil des Störfeldes auf die andere Seite des Stromwandlerkerns verlagert und somit eine magnetische Symmetrie hergestellt. Auch Redur bietet bei Stromwandlern des Typs 20A und 22A kompensierte Lösungen an. Nachteilig an kompensierten Stromwandlern ist der erhebliche Mehraufwand in der Produktion, was sich in hohen Mehrkosten für die Kunden niederschlägt.

Bild 2 | Mit Hilfe der Fremdfeldprotektoren können Abstände zwischen Stromwandler und benachbarter Schiene minimal 30mm betragen, ohne dass die Messgenauigkeit unterschritten wird. Der Fremdfeldeinfluss kann um mehr als den Faktor 10 verringert werden.
Bild 2 | Mit Hilfe der Fremdfeldprotektoren können Abstände zwischen Stromwandler und benachbarter Schiene minimal 30mm betragen, ohne dass die Messgenauigkeit unterschritten wird. Der Fremdfeldeinfluss kann um mehr als den Faktor 10 verringert werden.Bild: REDUR GmbH & Co. KG

Fremdfeldprotektoren

Ein Entwicklerteam von Redur hat sich diesem Sachverhalt angenommen. Sogenannte Fremdfeldprotektoren der Klasse 1, 5, und 10 (FFP1, FFP5 und FFP10) verhindern bzw. verringern den Eintritt des magnetischen Flusses a des Störfeldes. Die Funktionsweise wurde von einem unabhängigen, zertifizierten Labor nachgewiesen und ist bei einigen Kunden bereits erfolgreich im Einsatz, z.B. der Typ 16A.1272.3 für Ströme bis 5.000A und Stromschienen von 120x10mm. Die Erweiterung der Bauartzulassungen durch die PTB (Physikalisch Technische Bundesanstalt) mit den Fremdfeldprotektoren konnte kürzlich vollumfänglich abgeschlossen werden. Diese Fremdfeldprotektoren sind für alle Stromwandler von Redur ab 2.000A verfügbar und können sogar nachgerüstet werden. Mit Hilfe der Fremdfeldprotektoren können Abstände zwischen Stromwandler und benachbarter Schiene minimal 30mm betragen, ohne dass die Messgenauigkeit unterschritten wird und der Fremdfeldeinfluss kann um mehr als den Faktor 10 verringert werden. Zu den nächsten Projekten der Redur-Entwickler gehört, dass nicht nur die Fremdfeldprotektoren in das Gehäuse der Stromwandler integriert werden sollen, sondern auch ein neuartiges Klemmenkonzept für die Sekundäranschlüsse wie auch ein Schnellbefestigungssystem für die Montage auf der Primärschiene eingeführt werden.

REDUR GmbH & Co. KG

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: Phoenix Contact
Bild: Phoenix Contact
Die ersten Weichen 
für Gleichstrom sind gestellt

Die ersten Weichen für Gleichstrom sind gestellt

Nach der Gründung der Open Direct Current Alliance (ODCA) Ende letzten Jahres hat die ZVEI-Arbeitsgruppe ihre Arbeit aufgenommen. Ziel der Allianz ist der weltweite Aufbau eines Gleichstrom-Ökosystems und die anwendungsübergreifende Etablierung der Gleichstrom-Technologie. Die ODCA sieht ihre Aufgabe darin, den Transfer von der Theorie in die Praxis zu schaffen. Die Redaktion hat bei einigen Gründungsmitgliedern nachgefragt, welche Motivation und Ziele sie treiben, sich dabei zu engagieren und DC-Technologielösungen zu entwickeln.

Bild: Ormazabal GmbH
Bild: Ormazabal GmbH
„Meilenstein auf dem Weg 
zur Dekarbonisierung der Netze“

„Meilenstein auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Netze“

Ormazabal hat seine SF6-freie Technologie auf den Markt gebracht. Die Lösungen für öffentliche Verteilnetze bis 24kV, sbp.zero24 und cgm.zero24, sind vollständig gasisoliert und kommen ohne F-Gas aus. Damit steht die Markteinführung im Einklang mit dem Engagement des Unternehmens für die europäischen Ziele der Klimaneutralität. Im Interview spricht Markus Kiefer, Geschäftsleiter bei Ormazabal, unter anderem über die Besonderheiten der neuen Technologie sowie den Einbezug der Kundenanforderungen bei der Produktentwicklung.

Bild: Schneider Electric GmbH
Bild: Schneider Electric GmbH
Praxiserprobt

Praxiserprobt

Nach erfolgreicher Testphase sind beim Kölner Energieversorger RheinEnergie klimafreundliche Mittelspannungsschaltanlagen Teil des regulären Netzbetriebs. Seit August 2022 arbeitet das Unternehmen mit der RM AirSet von Schneider Electric, einer gasisolierten Ringkabelschaltanlage, die ganz ohne Fluorgase auskommt. Nach erfolgter EU-weiter Ausschreibung hat der Energieversorger unter anderem Schneider Electric mit der Lieferung von weiteren Schaltanlagen dieser Art beauftragt.

Bild: Sedotec GmbH & Co. KG
Bild: Sedotec GmbH & Co. KG
Technische Standards gegen Fachkräftemangel

Technische Standards gegen Fachkräftemangel

Knapp 60 Prozent des Stroms wurden 2023 durch Erneuerbare Energien erzeugt. Weniger als ein Viertel davon durch Photovoltaik. Das könnte viel mehr sein. Der Wille ist auch bei vielen Unternehmen da. Jedoch gibt es neben individuellem „Bastelaufwand“ mit langen Genehmigungsverfahren und schließlich auch durch den Fachkräftemangel große Hürden. Das könnte sich nun ändern. Denn Sedotec schafft mit geprüften Feldtypen eine sichere, schnell zu installierende und nachhaltige Standardlösung zur Einspeisung selbst erzeugter Energie – nicht nur aus der Sonne.