RoHS II – Umweltschutzrichtlinien beachten
Sorgfalt bei der Umsetzung gefragt
Umweltschutz ist ein heikles Thema und es gibt zahlreiche Richtlinien, um diesen zu gewährleisten. Für den Schaltanlagenbau ist dabei besonders eine Verordnung von entscheidender Bedeutung: die europäische Umweltschutzrichtlinie 2011/65/EU, besser bekannt als RoHS II. Diese legt die Bestimmungen für die Beschränkung von gefährlichen Stoffen in Elektro- und Elektronikgeräten fest und soll neben dem Schutz von Mensch und Umwelt auch einen Beitrag zu umweltgerechter Verwertung und Beseitigung von Elektro-Altgeräten leisten.
RoHS II ist seit 2011 in Kraft und wurde in Deutschland mit der Elektro- und Elektronikgeräte-Stoff-Verordnung (ElektroStoffV) mit Wirkung zum 9. Mai 2013 in nationales Recht umgesetzt.
In der umfassenden Umweltrichtlinie ist festgelegt, dass nur noch solche Produkte von Herstellern in Verkehr gebracht werden dürfen, bei denen sichergestellt ist, dass je homogenen Werkstoff des Produkts bestimmte Grenzwerte eingehalten werden. Als homogenen Werkstoff definiert die Norm dabei alle Werkstoffe, die entweder aus einer durchgehend gleichförmigen Zusammensetzung bestehen oder sich nicht durch mechanische Vorgänge wie Abschrauben, Schneiden, Zerkleinern, Mahlen oder Schleifen in einzelne Werkstoffe zerlegen oder trennen lassen.
Offene und geschlossene Produktkategorien
Welche Produkte genau betroffen sind, ergibt sich aus Anhang I der Richtlinie (siehe Kasten 2). Für Schaltanlagenbauer besonders wichtig ist die neu geschaffene Kategorie 11. Diese verfügt über einen sogenannten offenen Geltungsbereich und ist damit nicht auf ein Verzeichnis geschlossener Kategorien begrenzt, sondern umfasst alle Geräte, welche die Begriffsbestimmungen der Richtlinie in Artikel 3 erfüllen. Dort heißt es u.a.: „Elektro- und Elektronikgeräte [sind alle] Geräte, die zu ihrem ordnungsgemäßen Betrieb von elektrischen Strömen oder elektromagnetischen Feldern abhängig sind und Geräte zur Erzeugung, Übertragung und Messung solcher Ströme und Felder, die für den Betrieb mit Wechselstrom von höchstens 1.000V bzw. Gleichstrom von höchstens 1.500V ausgelegt sind.“ Somit werden auch Produkte erfasst, die nur teilweise elektrische Komponenten oder Funktionen enthalten. Auch Kabel- oder Kabelbaugruppen lassen sich nun abbilden. Betroffen von der Norm sind alle Hersteller, Vertreiber und Importeure von Elektro- und Elektronikgeräten. Als Hersteller versteht die Richtlinie „jede natürliche oder juristische Person, die ein Elektro- oder Elektronikgerät herstellt bzw. entwickeln oder herstellen lässt und unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke vermarktet“. Damit kann sie auch die Schaltanlagenbauer direkt treffen und ist vor allem für OEMs von Belang. Insbesondere deshalb, da der „Inverkehrbringer“ des Produkts dafür Sorge tragen muss, dass alle verbauten Teile den Anforderungen nach RoHS entsprechen. Der Hersteller oder OEM muss also von seinen jeweiligen Lieferanten – durch die gesamte Supply Chain hinweg – entsprechende Bestätigungen zur RoHS-Konformität der einzelnen verbauten Produkte einholen.
Herausforderungen für Hersteller
Es empfiehlt sich, alle Teile-Lieferanten vertraglich zu verpflichten, nur RoHS-konforme Produkte zu liefern und den RoHS-Status entsprechend mitzuteilen. Zusätzlich sollten regelmäßig Stichprobenkontrollen durchgeführt werden, etwa im Wareneingang oder im Produktaudit. Schließlich sind die Hersteller nach Artikel 7, Buchstabe i der Verordnung dafür verantwortlich, unverzüglich alle erforderlichen Korrekturmaßnahmen zu ergreifen, wenn Sie „Grund zu der Annahme haben, dass ein von ihnen in Verkehr gebrachtes Elektro- oder Elektronikgerät nicht dieser Richtline entspricht“. Das schließt auch Rückrufaktionen mit ein.
Ausnahmen der Norm
Da es in manchen Bereichen schwierig ist, qualitativ hochwertige und gleichzeitig wirtschaftliche Ersatzstoffe zu finden, gibt es eine Reihe von Ausnahmeregelungen. Darunter fallen etwa militärische oder medizinische Geräte, Ausrüstungsgegenstände für einen Einsatz im Weltraum oder ortsfeste industrielle Großwerkzeuge und -anlagen. Darüber hinaus sind Verkehrsmittel zur Personen- und Güterbeförderung sowie bewegliche Maschinen von der Verordnung ausgenommen, die ausschließlich im professionellen Umfeld eingesetzt werden und nicht für den Straßenverkehr bestimmt sind.
Konformitätsbewertungsverfahren und CE-Kennzeichnung
Die richtlinienkonforme Einordnung der Produkte in die jeweils zutreffende Kategorie ist vom Hersteller durchzuführen und muss in einem Konformitätsbewertungsverfahren nachgewiesen und dokumentiert werden. Im Rahmen dieses Verfahrens müssen alle betroffenen Geräte, Teile und Materialien identifiziert werden. Dabei sollte insbesondere geprüft werden, ob Standardkabel zum Einsatz kommen und ob diese entsprechend richtlinienkonform hergestellt sind. Zudem sollte geklärt werden, ob das Produkt – beziehungsweise die Anwendung – für eine Ausnahme in Frage kommt, beispielsweise im Sinne von industriellen Großanlagen. Ebenfalls ist es wichtig zu prüfen, ob eine Umstellung von Standardbauteilen in Geräten notwendig ist, die von der Richtlinie ausgenommen sind. Falls Materialänderungen erforderlich und umsetzbar sind, sollten diese vorgenommen werden, etwa durch den Einsatz Chrom-VI-freier Schrauben oder die Verwendung bleifreier Lote. Die Einstufung im Zuge des Konformitätsbewertungsverfahrens ist für die Zuordnung der entsprechenden CE-Kennzeichnung und damit für das Inverkehrbringen der Produkte erforderlich. Alle technischen Unterlagen und die EU-Konformitätserklärung müssen vom Hersteller für zehn Jahre ab Inverkehrbringen des Elektro- oder Elektronikgeräts aufbewahrt werden. Da die aus der Produktsicherheit bekannten Regelungen zu Konformitätsbewertung, CE-Kennzeichnung und Marktüberwachung auch auf RoHS II ausgedehnt wurden, sollte die Umsetzung der RoHS-Richtlinie mit großer Umsicht erfolgen. Ansonsten drohen empfindliche Sanktionen nach der Elektrostoffverordnung oder dem Produktsicherheitsgesetz.