„Digitalisierung klein anfangen“

Zukunftsfähigkeit im Schaltanlagenbau sichern

„Digitalisierung klein anfangen“

Die Digitalisierung der Industrie ist zwar in aller Munde, was dies aber konkret zum Beispiel für einen Schaltanlagenbauer bedeutet, ist häufig ein schwieriges, sehr komplexes Thema. Im SCHALTSCHRANKBAU-Interview gibt Simone Brinkmann-Tewes, stellvertretende Leiterin Produktdaten- und Prozessmanagement bei Wago, Tipps, wie die ersten Schritte bei der Entwicklung einer Strategie und deren Umsetzung aussehen könnten und welche konkreten Lösungen ihr Unternehmen auf diesem Weg bietet.

(Bild: Wago Kontakttechnik GmbH & Co.KG)

Frau Brinkmann-Tewes, warum sollte sich ein Schaltanlagenbauer, dessen Auftragsbücher gut gefüllt sind, mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen?

Simone Brinkmann-Tewes: Gerade bei gut gefüllten Auftragsbüchern ist eine effiziente Bearbeitung der einzelnen Aufträge wichtig. Es gibt nach wie vor viele manuelle Vorgänge, die sowohl zeitaufwändig als auch fehleranfällig sind und mit einer sinnvollen Nutzung der Möglichkeiten, die sich durch Digitalisierung ergeben, eliminiert werden könnten. Außerdem ist es wichtig, auch langfristig zukunftsfähig zu bleiben und die eigene Produktion jetzt für die Zukunft fit zu machen – damit man in zehn Jahren nicht von den anderen abgehängt wird.

Viele Schaltanlagenbauer tun sich bei einem derart komplexen und zuweilen auch recht abstrakten Thema wie Industrie 4.0 schwer, für ihr Unternehmen einen Ansatzpunkt für die Umsetzung zu finden. Haben Sie einen Tipp, wie dieses zu bewerkstelligen ist?

Brinkmann-Tewes: Klein anfangen – das ist mein Appell. Unternehmen sollten sich ihre Abläufe im Detail anschauen, um die Stellen zu identifizieren, an denen sie ansetzen können, um die Prozesse durchgängiger zu gestalten. Wichtige Fragen dabei lauten beispielsweise: Wann werden mehrfach Daten eingegeben? Wie stellen meine Kunden mir die Daten zur Verfügung – noch analog per Fax oder als PDF – ginge das vielleicht schon elektronisch? Welche Systeme sind intern am gesamten Ablauf beteiligt? Ein Beispiel: über eine geeignete Schnittstelle können Beschriftungsmaterialien heute direkt aus der Planungssoftware heraus bedruckt werden. Das geht viel schneller, als die Beschriftungsinformationen noch mal manuell in eine andere Software einzugeben. Und Fehler lassen sich so auch vermeiden. Durch solche Maßnahmen ist die eigene Produktion zwar noch nicht voll durchdigitalisiert, aber es sind erste Schritte auf dem Weg dahin.

Mit welchen Lösungen und Dienstleistungen begleitet Wago seine Kunden im Schaltanlagenbau auf dem Weg in die digitale Zukunft?

Brinkmann-Tewes: Wir unterstützen vor allem mit Services und Softwarelösungen, die dazu beitragen die sogenannte horizontale Integration voran zu treiben. Damit ist gemeint, die Durchgängigkeit und Datentransparenz entlang der Wertschöpfungskette zu verbessern und die eigenen Prozesse effizienter und weniger fehleranfällig zu gestalten. Unsere Angebote haben wir unter dem Namen Wago SmartData zusammengefasst. Was wir damit bieten sind beispielsweise Artikelstammdaten und Makros für Eplan, WS- CAD und diverse andere CAE-Tools. Außerdem haben wir für die Hardwareplanung 2D- und 3D-Modelle für über 15.000 Produkte, die jeder Planer direkt in die CAD-Software laden kann, mit der er am liebsten arbeitet. Und last but not least bieten wir ein eigenes Konfigurationstool an, den SmartDesigner. Der ist onlinebasiert und unsere Kunden haben die Möglichkeit, damit ihre CAE-Planung auf Plausibilität zu prüfen, Stücklisten zu exportieren oder wichtige Unterlagen für die Dokumentation automatisch zu generieren. Und natürlich können sie damit auch direkt die Beschriftung für alle Wago-Komponenten an den Drucker weitergeben – um noch einmal das Beispiel von oben aufzugreifen.

(Bild: Wago Kontakttechnik GmbH & Co.KG)

Vieles hängt bei der Digitalisierung von der Vollständigkeit und Qualität der Daten ab. Welche Strategie verfolgt Wago, um seine Produkte digital abzubilden?

Brinkmann-Tewes: Unsere Kunden benötigen immer die aktuellen, gültigen Daten für ihre CAE- und CAD Planung direkt vom Hersteller, anstatt sie selbst zu erzeugen, einzupflegen oder aus Drittquellen zu holen. Das hat den extrem wichtigen Vorteil, dass alle Daten immer automatisch aktualisiert werden bzw. automatisch angezeigt wird, wenn eine Aktualisierung verfügbar ist. Damit wir unseren Kunden zu jederzeit gültige Daten zur Verfügung stellen können, achten wir darauf, dass sie immer nur aus einer Datenquelle stammen. Also beispielsweise, dass unser Produktdaten Management System (PDM) die Quelle für alle technischen Daten und unser Enterprise Recourcen Planing System (ERP) die Quelle für alle logistischen Daten ist. Mit diesen Daten befüllen wir regelmäßig und immer aktuell alle weiteren Sub-Systeme – unsere eigenen ebenso, wie die Systeme unserer Kunden. Fazit: Immer aktualisierte, gültige Daten, denen alle Kunden vertrauen und auf die sie ihre eigenen Digitalisierungsprozesse aufbauen können!

Gibt es belastbare Zahlen, welche Effizienzsteigerungen Schaltanlagenbauer mit den Wago-Lösungen erzielen können?

Brinkmann-Tewes: Die Prozesse bei unseren Kunden sind sehr verschieden. Wir von Wago sind mit unseren Angeboten so flexibel, dass wir diese Prozesse in ganz unterschiedlichem Umfang unterstützen. Das kann einfach nur die Ausgabe der Bedruckung sein oder aber der komplette Prozess. Deshalb lassen sich gar keine belastbaren Daten zur durchschnittlichen Effizienzsteigerung ermitteln.

Sofern Lösungen für die Digitalisierung von einem Unternehmen kommen, sind diese in der Regel sehr datenkonsistent und durchgängig. Bei der Projektierung und der Erstellung haben es Schaltanlagenbauer aber normalerweise mit Hard- und Software unterschiedlicher Anbieter zu tun, die beträchtliche Datenbrüche aufweisen können. Hinzu kommt, dass diese auch von ihren Kunden – den Maschinenbauern – häufig nur unzureichend und vielfach noch analog mit Daten versorgt werden. Wie kann man diesen Widrigkeiten möglichst effizient begegnen?

Brinkmann-Tewes: Das zentrale Tool, mit dem unsere Kunden arbeiten, ist zunächst einmal herstellerneutral – beispielsweise Eplan. Damit Planer darin richtig arbeiten können, müssen Hersteller die passenden Daten zur Verfügung stellen, die nur noch eingelesen werden. Und nachgelagert kommen dann Tools einzelner Hersteller zum Einsatz – zum Beispiel unser SmartDesigner mit seiner Plausibilitätsprüfung. Kunden können dann selbst entscheiden, welche Vorteile herstellerspezifischer Tools sie nutzen möchten weil diese einen Mehrwert für sie bieten.

 

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