Kundenbedürfnisse stets im Blick

Offene, IoT-fähige Plattform eröffnet neue Möglichkeiten

Kundenbedürfnisse stets im Blick

Wie ebne ich meinen Kunden den Weg ins digitale Zeitalter und etabliere mich dabei als ein führender Anbieter zukunftsweisender Lösungen? Die Antwort für Schneider Electric im Rahmen von Innovation at Every Level heißt EcoStruxure, eine offene, IoT-fähige Architektur und Plattform. Diese fokussiert die für das Unternehmen relevanten Geschäftsbereiche Gebäude, Rechenzentren, Industrie und Netze. Auf einer Presseveranstaltung am südfranzösischen Standort Carros, an dem Schneider Electric mit rund 800 Mitarbeitern innovative Lösungen für die Prozessindustrie fertigt sowie Forschung und Entwicklung betreibt, wurden auch Angebote für den Schaltanlagenbau vorgestellt. Im Mittelpunkt dabei stehen EcoStruxure Power für digitale Energieverteilungslösungen in der Mittel- und Niederspannung, ein aktiver Störlichtbogenschutz sowie neue Multistandard-Produkte für den OEM-Markt.

 Ein Beispiel f?r ein neues Multistandard-Produkt ist der Motorsch?tz TeSys D Green. (Bild: Schneider Electric GmbH)

Ein Beispiel für ein neues Multistandard-Produkt ist der Motorschütz TeSys D Green. (Bild: Schneider Electric GmbH)

Die maßgebliche Kenngröße für Schaltschrankbauer zur Planung und Errichtung energieeffizienter Schaltanlagen ist die im Oktober 2015 ins Leben gerufene DIN VDE 0100-801. Die Norm gibt Empfehlungen und formuliert Anforderungen für elektrische Niederspannungsanlagen mit möglichst geringem Energieverbrauch. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass diese Norm – obwohl bereits seit zwei Jahren gültig – bei Planern und Schaltanlagenbauern noch relativ unbekannt ist. Dies liegt sicherlich auch daran, dass es bisher nur wenige Lösungen am Markt gab, die eine Umsetzung der DIN VDE0100-801 möglich machten. Diese bieten wir nun mit EcoStruxure lückenlos an“, betont Markus Hettig, Vice President Building Business bei Schneider Electric. Dabei gliedert sich die Plattform in drei Ebenen: Auf der untersten Ebene befinden sich die vernetzten, kommunikationsfähigen Feldkomponenten wie Messgeräte, Leistungsschalter, Schütze oder Frequenzumrichter. Auf der mittleren Ebene, der sog. Edge Control, sind Software-Tools angesiedelt, die die Daten der kommunikativen Hardware der untersten Ebene sammeln und analysieren. Die oberste Ebene bilden Apps, Analytik und Services, die diese gesammelten Daten auswerten und den Nutzer in die Lage versetzen, beispielsweise für seine Anwendung relevante Alarmpunkte zu setzen, Betriebszustände zu verfolgen, Schlüsse zu ziehen und ggf. Maßnahmen zu ergreifen. Hettig: „Im Grunde verfolgt die DIN VDE0100-801 zwei Ziele: Das eine ist es Betreibern zu ermöglichen, den Zustand ihrer Anlage jederzeit im Blick zu haben und so deren Verfügbarkeit zu erhöhen. Das zweite Ziel ist die Umsetzung eines effizienten Energie-Monitoring, etwa im Rahmen des Energiemanagements gemäß ISO50001.“ Mit Blick auf die Elektroinstallation unterscheidet die DIN VDE0100-801 in die Energieeffizienz-Klassen EIEC 0 (niedrigste Stufe) bis EIEC 4 (höchste Stufe). Um eine möglichst energieeffiziente Stufe zu erreichen, gibt es ein 16-Punkte-System, das sich in unterschiedliche Anforderungen in den Bereichen Effizienz-Maßnahmen (EM) und Energieeffiziente-Performance-Level (EEPL) unterteilt. „Der Anlagenbetreiber kann innerhalb dieses Rasters für jede Anforderung eine bestimmte Anzahl an Punkten sammeln. Um die höchste Stufe zu erreichen, sind mindestens 48 von 64 Punkten notwendig. Mit EcoStruxure bieten wir eine durchgängige Lösung zum Erzielen dieses Maximums“, erläutert Markus Hettig.

Aktiver Störlichtbogenschutz

Eine weitere Maßnahme zur Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit aber auch zur Vermeidung von Personenschäden ist der Einbau eines aktiven Störlichtbogenschutzes in eine Schaltanlage. Bei einem Störlichtbogen handelt es sich um einen ungewollten Spannungsüberschlag zwischen zwei elektrischen Potenzialen. Häufigste Ursachen hierfür sind etwa Kleintiere wie Ratten, die durch den Kabelboden in den Schaltschrank eindringen, das Vorhandensein leitfähiger Materialien, wie z.B. vergessene Werkzeuge, oder lose Kontaktstellen. Die Folgen können ein extremer Druck- (30t/m²) und Temperaturanstieg (13.000K) sein, die sich nicht selten in Form einer Explosion bemerkbar machen. „Die Anfälligkeit einer Anlage für das Auftreten von Störlichtbögen hängt stark von deren Installationsort und den dort herrschenden Umgebungsbedingungen ab. Die mechanischen Kräfte, die bei einem solchen Ereignis in einem Zeitraum von weniger als 5ms entstehen, sind enorm. Seit kurzer Zeit gibt es daher die Option, unsere Okken Schaltanlage mit einem aktiven Störlichtbogenschutz zu beziehen“, betont Markus Hettig. Schneider Electric bietet zur Vermeidung dieser Art ‚elektrischer Unfälle‘ eine Systemlösung, die sich um das Störlichtbogenschutzsystem Vamp321 gruppiert. Licht- und Stromsensoren senden dabei ihre Messdaten an das Störlichtbogenschutzsystem. Bei Erkennung eines Lichtbogens sendet Vamp321 Auslösebefehle an die Kurzschließereinheiten, um den Störlichtbogen zu löschen, und an den Einspeiseschalter, um den weiterhin anstehenden Kurzschluss abzuschalten. Das System gewährleistet dabei die Erkennung sowie das Abschalten von Störlichtbögen gemäß IEC 61439-2 Beiblatt 1 in einer Zeit von ‚5ms.

 

 (Bild: Schneider Electric GmbH)

(Bild: Schneider Electric GmbH)

Ein Produkt genügt sämtlichen Standards

Wie große Teile der deutschen Industrie, so ist auch der Schaltanlagenbau ein stark durch den Export getriebener Wirtschaftszweig. Daher kommt neben der oben angesprochenen elektrischen auch der planerischen Sicherheit eine große Bedeutung zu. Im Rahmen seiner Schaltschrankoptimierungsstrategie bietet Schneider Electric deshalb einige seiner im Zusammenhang mit EcoStruxure erwähnten kommunikativen Lösungen als Multistandard-Produkte an. Konkret: Die Hardware genügt dabei den Anforderungen der weltweit wichtigsten Standards IEC (Europa), UL (USA), CSA (Kanada) sowie CCC (China). „Bisher mussten Schaltanlagenbauer immer sehr unterschiedliche Produkte verbauen, die den Anforderungen genügten, die in den Ländern gelten, in denen eine Anlage betrieben wird. Dies ist unter anderem mit einer aufwändigen Beschaffung, Lagerhaltung oder Dokumentation verbunden“, konstatiert Thomas Matschke, Leiter Produkt Management Partner Projects bei Schneider Electric. „Die Multistandard-Produkte vereinfachen das Leben des Schaltschrankbauers und des OEM’s von der Planung bis zur Auslieferung. Auch die Maschinenbetreiber profitieren davon, da so eine hohe Verfügbarkeit auf Ersatzteile und Support durch einen global vertretenen Anbieter gewährleistet ist. Hinzu kommt, dass diese Produkte den weltweit sehr unterschiedlichen Umweltanforderungen genügen, die heutzutage immer wichtiger werden.“ Seit Mitte dieses Jahres sind unterschiedliche Multistandard-Lösungen wie die kompakten 1-, 2-, 3- und 4-poligen Leistungsschalter PowerPact b, Schütze und Motorschutzschalter der Produktreihe TeSys, die Multi 9 Reiheneinbaugeräte sowie Messtechnik-Lösungen in Form von Energiezählern, Netzüberwachung und -analyse sowie Energie-Monitoring erhältlich. Ergänzt wird das Programm durch ein umfangreiches Dienstleitungs- und Schulungsangebot. (jwz)

Interview mit Markus Hettig

IoT-Plattform, Störlichtbogenschutz und Multistandard

„EcoStruxure ist eindeutig ein Service-Enabler“, betont Markus Hettig beim Gespr?ch mit SCHALTSCHRANKBAU-Redakteur J?rgen Wirtz in Carros. (Bild: Schneider Electric GmbH)

Herr Hettig, welche Hauptvorteile bietet EcoStruxure dem Schaltanlagenbauer im Rahmen der Planung und der Fertigung?

Markus Hettig: Es kommt dabei ganz auf die Bedürfnisse des Kunden an. Wenn dieser Wert legt auf eine hohe Verfügbarkeit und sagt, er möchte bereits im Voraus über den Ausfall zum Beispiel eines Leistungsschalters über die Apps Facility Expert oder Asset Advisor informiert werden, um im Rahmen einer vorbeugenden Wartung tätig zu werden, lohnt es sich in jedem Fall. Gleiches gilt, wenn ich als Facility-Manager regelmäßige Reports für ein Energie-Monitoring erstellen muss und dieser Arbeitsschritt dann statt mehrerer Tage lediglich fünf Minuten in Anspruch nimmt. Mit dem Einsatz von EcoStruxure ist der Kunde in beiden Bereichen gut aufgestellt.

Welche weiteren Vorteile bietet die Plattform dem Schaltschrankbauer?

Hettig: EcoStruxure ist ganz eindeutig ein Service-Enabler. So könnte der Anlagenbauer einem Gebäudebetreiber bei einem entsprechenden Zugriff auf die Zustandsdaten seiner für die Energieverteilung kritischen Komponenten eine Dienstleitung anbieten, bei sich anbahnenden Störfällen präventiv tätig zu werden. Ich denke, dass sich Schaltanlagenbauer im digitalen Zeitalter, aber auch im Hinblick auf verstärkte internationale Konkurrenz über Geschäftsmodelle Gedanken machen sollten, die beispielsweise eine Ausweitung ihres Dienstleistungsspektrums zum Ziel haben.

Laut des 16-Punkte-Systems der DIN VDE0100-801 hat ein Anlagenbetreiber bereits die höchste Energieeffizienzstufe erreicht, wenn er 48 der 64 möglichen Punkte gesammelt hat. Wie ist dies möglich?

Hettig: Die Norm berücksichtigt dabei eventuell vorhandene Faktoren, die nicht im Einflussbereich des Anlagenbetreibers liegen. So könnte es ja beispielsweise durchaus sein, dass innerhalb einer bestimmten Gebäudestruktur eine Trafostation eingebunden ist, die einem lokalen Energieversorgungsunternehmen gehört, und auf deren Ausstattung der Gebäudebetreiber keinen Einfluss hat. Daher ist bereits die höchste Energieeffizienz-Klasse EIEC 4 erreicht, wenn in jeder der 16 Kategorien mindestens je 3 Punkte erlangt werden.

 (Bild: Schneider Electric GmbH)

(Bild: Schneider Electric GmbH)

Wird es bald neue vernetzte Produkte im Rahmen von EcoStruxure geben?

Hettig: Selbstverständlich werden wir auch zukünftig Hardware mit Kommunikationsmöglichkeiten ausstatten, wenn wir darin eine sinnvolle Ergänzung für unsere Kunden sehen – wenn also der Anwender Daten gewinnen kann, die er vorher nicht hatte, um diese sinnvoll auszuwerten, oder wenn der Schaltanlagenbauer dadurch Dienstleitungen anbieten kann, die er sonst nicht offerieren könnte, um sich am Markt breiter aufzustellen.

Wann empfehlen Sie Anlagenbetreibern den Einsatz eines aktiven Störlichtbogenschutzes?

Hettig: Sicherlich reicht in weniger kritischen Anwendungen und bei für Schaltanlagen unbedenklichen Installationsorten teilweise auch ein passiver Störlichtbogenschutz aus. Hierbei werden in der Regel die Sammelschienen mit nicht leitenden Elementen geschützt. Aber auch hier können – etwa im Kontaktbereich eines Schalters mit der Sammelschiene – Punkte vorhanden sein, wo dieser Schutz nicht lückenlos ist. Zudem unterliegen besagte Schutzmaterialien einer gewissen thermischen Alterung, die deren Wirksamkeit unter Umständen beeinträchtigt. Mit einem aktiven Störlichtbogenschutz bin ich in jedem Fall auf der sicheren Seite. In der besonders kritischen Prozessindustrie zum Beispiel sahen die Vorkehrungen bisher häufig so aus, dass zwei identische, redundante Schaltanlagen vorgehalten wurden. Fällt etwa eine Aluminiumproduktionsanlage aufgrund eines Störlichtbogens aus, so muss der Betreiber zusehen, die Anlage innerhalb der Abkühlphase wieder ans Laufen zu bringen. Gelingt dies nicht, kann er die Anlage komplett stilllegen, was einen enormen wirtschaftlichen Verlust nach sich zieht. Mit einem aktiven Störlichtbogenschutz wird diese Redundanz überflüssig.

Wie lange dauert es, bis eine solche Anlage wieder instand gesetzt ist?

Hettig: Mit unserem Störlichtbogenschutz kann die Anlage normalerweise nach 30 bis 45 Minuten wieder in Betrieb genommen werden, wenn der Fehler behoben wurde. Hierzu muss lediglich die Kurzschließereinheit ausgetauscht werden, die bei uns, im Gegensatz zu anderen am Markt erhältlichen Produkten, sehr leicht von vorne zugänglich ist.

Stichwort Multistandard: Werden zukünftig alle Schneider Electric-Produkte diese Anforderungen erfüllen?

Hettig: Grundsätzlich gilt: Je mehr Technik in einem Produkt verbaut ist, desto höher sind die Entwicklungs- und Herstellungskosten. Für Schaltanlagenbauer, die ihre Produkte vorwiegend innerhalb Deutschlands verkaufen, macht es also durchaus Sinn, auf Lösungen zurückzugreifen, die ausschließlich die heimischen Normen erfüllen. Wenn aber 60, 70 oder noch mehr Prozent meines Volumens in den Export geht, sind meiner Ansicht nach die Multistandard-Lösungen erste Wahl. Hier sind vielleicht die Anschaffungskosten etwas höher, die sog. Total Cost of Ownership aber in der Regel u.a. aufgrund reduzierter Lagerhaltungskosten und damit verbundener erhöhter Liquidität geringer.

Denken Sie daran, rückwirkend bestehende Schneider Electric-Produkte Multistandard-kompatibel zu machen?

Hettig: Dies ist leider in der Praxis nur sehr schwer zu realisieren, da der Multistandard bereits in der Produktkonzeption angelegt sein muss.

Schneider Electric GmbH
www.schneider-electric.de

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