Sichere Steuerungstechnik bei kleineren Maschinen

Integriert oder separiert?

Auch bei kleineren Maschinen setzen sich zunehmend Sicherheitssteuerungen als Alternative zu Relaisbausteinen durch. Der Konstrukteur hat die Wahl zwischen zwei Konzepten: Manches spricht für die Integration der Safety in die Automatisierungs-SPS - aber eine separate Sicherheits-(Klein-)Steuerung bietet auch klare Vorteile.
 Bild 1 | Die Protect PSC1 von Schmersal ist mit einem flexiblen Kommunikations-Interface ausgestattet. Verschiedene Feldbusprotokolle können einfach per Software ausgewählt werden.
Bild 1 | Die Protect PSC1 von Schmersal ist mit einem flexiblen Kommunikations-Interface ausgestattet. Verschiedene Feldbusprotokolle können einfach per Software ausgewählt werden.Bild: K.A. Schmersal Holding

‚Safety integrated‘ oder ‚Safety separated‘: Soll die Maschinensicherheit in die SPS integriert oder losgelöst davon mit separater Hardware und Software realisiert werden? Dieser Frage muss sich heute jeder Konstrukteur stellen, der Maschinen entwickelt.

Ersatz von Relaisbausteinen

Die Frage ist insbesondere dann zu stellen, wenn es um kleinere Maschinen mit einer überschaubaren Anzahl von Sicherheitsfunktionen und -schaltgeräten geht. Hier ist eindeutig der Trend erkennbar, mehrere Sicherheitsrelaisbausteine durch eine Sicherheitskleinsteuerung oder durch eine SPS mit integrierten Sicherheitsfunktionen zu ersetzen.

Dafür gibt es gute Gründe. Erstens werden die Maschinen immer komplexer. Sie weisen zusätzliche und differenzierte Sicherheitsfunktionen auf, die z.T. auch eine Interaktion mit dem Bediener ermöglichen. Beispiele sind das Einrichten per Tipp-Betrieb oder die Störungsbeseitigung. Das aber setzt voraus, dass diese Möglichkeiten auch in der sicherheitsgerichteten Steuerung abgebildet und überwacht werden können. Außerdem steigen die Anforderungen an die Sicherheit von Maschinen, zum einen durch ein wachsendes Gefahrenbewusstsein, zum anderen durch eine zunehmende Ausdifferenzierung der allgemeinen und der maschinenspezifischen Normen.

Produktivität und Verfügbarkeit

Ebenso wichtig ist aber der Aspekt, dass eine möglichst differenzierte, bedarfsgerechte Umsetzung der Safety-Anforderungen auch die Bedienerfreundlichkeit und die Produktivität der Maschine steigern kann. Mit einer sicherheitsgerichteten Steuerung kann der Maschinenbauer etwa die Voraussetzung dafür schaffen, bei einer Unregelmäßigkeit nur einen Teil der Maschine stillzusetzen. Außerdem lassen sich Sicherheitsfunktionen miteinander verknüpfen – auch das kann zur Steigerung der Produktivität und zur Vermeidung ungeplanter Stillstände führen. Die im Gegensatz zu Relaisbausteinen erweiterten Diagnosemöglichkeiten ermöglichen im Fehlerfall eine schnelle Lokalisierung der Ursache.

Bei klassischen Relaisbausteinen wird ab einer gewissen Komplexität der Sicherheitsfunktionen der Aufwand für Verdrahtung, Dokumentation und Validierung der Bausteinlösung unverhältnismäßig groß. Bei Sicherheitssteuerungen verringert sich der Verdrahtungsaufwand. Auch die Konfiguration vereinfacht sich ist besser an den individuellen Anwendungsfall anpassbar, weil sie in weiten Bereichen durch Parametrierung bzw. Programmierung realisiert wird.

Integriert oder separiert?

Bild 2 | Entwickelt für Appikationen mit einer überschaubaren Anzahl von Sicherheitsschaltgeräten: die parametrierbare Sicherheitskompaktsteuerung Protect Select.
Bild 2 | Entwickelt für Appikationen mit einer überschaubaren Anzahl von Sicherheitsschaltgeräten: die parametrierbare Sicherheitskompaktsteuerung Protect Select.Bild: K.A. Schmersal Holding

Doch um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Sollte der Maschinenbauer diese Vorteile mit einer integrierten oder einer separierten Lösung für die Maschinensicherheit realisieren? Auf den ersten Blick spricht einiges für die Integration -z.B. die Tatsache, dass moderne SPSen die Maschinensicherheit mit abdecken und der Anwender sowohl Kosten als auch Platz im Schaltschrank spart. Und: Nicht umsonst ist Integration ein beliebtes Schlagwort der Automatisierung und Digitalisierung. Integrierte Lösungen versprechen – zumindest in der Theorie -eine sehr gute Abstimmung von Funktionen und eine einfache Infrastruktur mit reduziertem Hardware-Aufwand.

In der Praxis gibt es aber auch deutliche Vorteile für eine separierte Lösung. Zu den Pluspunkten einer eigenständigen Safety-Infrastruktur gehört die Tatsache, dass das Sicherheitskonzept unabhängig von der Automatisierungslösung realisiert werden kann und damit auch unabhängig vom Fabrikat der funktionalen Steuerung, die dem Maschinenbauer u.U. vorgegeben wird. Somit kann auch beim Einsatz von kundenspezifischen Automatisierungs-SPSen ein standardisiertes Sicherheitskonzept auf stets identischer Komponenten- und Hardware-Basis verwirklicht werden.

Vorteilhaft ist ebenfalls, dass man für die Programmierung der Sicherheitsfunktionen kein SPS-Spezialist sein muss – der Sprachumfang ist im Vergleich mit Automatisierungssteuerungen überschaubar.

Option der Integration

Die Entscheidung für eine separate Safety bedeutet nicht, dass keine Integration möglich wäre. Im Gegenteil: Über Busprotokolle ist eine Integration in die übergeordnete Leitebene weiterhin machbar. Das ist z.B. dann gefragt, wenn Produktionsanlagen aus mehreren Teilsystemen verschiedener Anbieter integriert werden sollen. In diesem Fall müssen die Sicherheitslösungen der einzelnen Systeme verbunden werden, um etwa eine übergeordnete Nothalt-Funktion zu implementieren.

Basiert das übergeordnete Sicherheitskonzept auf einer Safety-integrated-Lösung, können Maschinen und Teilsysteme, die im Standalone-Betrieb laufen, oft nur rudimentär betrieben werden. Eine Sicherheitskompaktsteuerung wie die Protect PSC1 von Schmersal bietet dagegen über integrierte Safety-Protokolle (Profisafe und FSoE) eine einfache und flexible Möglichkeit, solche Maschinen gekapselt zu betreiben und bei Bedarf dennoch in übergeordnete sichere Feldbusarchitekturen einzubinden, ohne Änderungen an der Sicherheitsapplikation vornehmen zu müssen.

Kompakt und komplett

Gerade Hersteller kleinerer Maschinen sehen sich steigenden Sicherheitsanforderungen gegenüber. Zudem wachsen in diesem Segment die Erwartungen der Endkunden an Diagnosemöglichkeiten und Wartungsfreundlichkeit. Dieses Anforderungsprofil lässt sich mit einer Sicherheitskleinsteuerung einfach und kostengünstig abbilden. Je nach Anwendungsfall kann auch die Standardautomatisierung mit der Kleinsteuerung realisiert werden – und die Integration quasi in umgekehrter Richtung erfolgen.

Die Schmersal-Gruppe bietet gleich zwei Möglichkeiten, an kleineren Maschinen ein Safety-separated-Konzept zu realisieren. Dezidiert für diesen Anwendungsfall wurde die Sicherheitskleinsteuerung Protect Select entwickelt. Der Anwender muss sie nicht programmieren, sondern kann aus vorkonfigurierten Programmen auswählen und muss dann nur die entsprechenden Parameter eingeben. Diese Applikationen decken eine Vielzahl an möglichen Anwendungsfällen ab. Zudem kann der Anwender bei jedem Programm spezielle Features aktivieren, z.B. die freie Zuweisung von Rückführkreisen (EDM), Anlauftestung, zyklische Testung oder Auto-Start. Auch Zusatzfunktionen und weitere Betriebsarten (Einrichtbetrieb, Prozessbeobachtung) lassen sich realisieren.

Modulare Sicherheitskompaktsteuerung

Wenn ein höherer Grad an Individualisierung und Anpassungsfähigkeit gewünscht ist, bietet sich der Einsatz der Safety-SPS Protect PSC1 an. Aufgrund des modularen Aufbaus lässt sie sich gut an die Anforderungen des Anwenders anpassen – unabhängig davon, ob die Signale von Notaus-Bediengeräten, elektromechanischen Sicherheitsschaltgeräten, taktilen Schutzeinrichtungen, Sicherheitssensoren oder optischen Sicherheitseinrichtungen ausgewertet werden sollen. Für die sichere Antriebsüberwachung stehen verschiedene Module zur Verfügung, die unterschiedliche Parameter sicher überwachen, z.B. Position, Drehzahl oder Schrittmaß.

Außerdem kann die Steuerung um ein Kommunikations-Interface ergänzt werden, bei dem der Anwender Busprotokolle wie Profinet, Ethercat, Ethernet/IP, Profibus oder CANopen einfach per Software auswählt und einstellt. Das Interface erlaubt zudem zeitgleich eine sichere Remote-I/O-Kommunikation und die Verbindung von bis zu vier Systemen via sicherer Querkommunikation über Ethernet. Ein OPC-UA-Server kann ebenfalls integriert werden. In Summe kann ein Safety-separated-Sicherheitskonzept deutliche Vorteile u.a. im Hinblick auf Standardisierung, Bedienkomfort und Flexibilität bieten.

www.schmersal.com

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