Mittelspannungs-Schalttechnik im dezentralen Stromnetz
Versorgungssicherheit unter steigenden Anforderungen
Im Kontext dezentraler Versorgungskonzepte und eines wachsenden Anteils regenerativer Energiequellen steigen auch die Anforderungen an die Schalttechnik auf allen Ebenen der Stromversorgung. Um beispielsweise wetterbedingte Schwankungen auszubalancieren, müssen besonders auf Mittelspannungsebene häufiger Schalthandlungen vorgenommen werden. Davon betroffen ist die Mittelspannungs-Schalttechnik, die unter anderem in Ortsnetz-, Transformator- oder Übergabestationen, zunehmend aber auch in dezentralen Kleinkraftwerken eingesetzt wird – und dort steigenden technischen Anforderungen ausgesetzt ist.
In dezentralen Energiesystemen steigen auch die Anforderungen an die Mittelspannungs-Schalttechnik. (Bild: Siemens AG)
Früher basierte die Stromerzeugung auf einem reinen Wechselspannungssystem mit einseitigen Energieflüssen: Zentrale Kraftwerke produzierten elektrischen Strom, der in eine Richtung zu den Lastzentren floss. Heute hingegen geht der unumkehrbare Trend zu dezentralen Energiesystemen. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix liegt in Deutschland inzwischen bei fast 40 Prozent. Vor diesem Hintergrund müssen sich dezentrale und zentrale Versorgungskonzepte sinnvoll ergänzen. Kleinere Kraftwerke, meist gespeist durch erneuerbare Energiequellen wie Wind, Photovoltaik und Biomasse, müssen im Verbund mit Großkraftwerken eine hohe Verfügbarkeit der Stromversorgung gewährleisten. Nur so kann das große Potenzial der bedarfsfern vorhandenen Energieträger systematisch und ohne schwankende Erzeugungsleistung genutzt werden.
Als dezentrale Energieerzeuger dienen dabei in erheblichem und weiter zunehmendem Umfang auch in Wohn- oder Zweckbauten installierte Blockheizkraftwerke (BHKW). So ist die Nettostromerzeugung in Deutschland mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) nach aktuellen Informationen des Umweltbundesamtes von 78 Terawattstunden im Jahr 2003 auf 117 Terawattstunden im Jahr 2016 gestiegen, was rund einem Fünftel der Gesamtnettostromerzeugung entspricht.
Der Generator-Vakuum-Leistungsschalter 3AK7 von Siemens ist nach der Generatorschalter-Norm IEC/IEEE62271-37-013 geprüft und nachweislich für bis zu 30.000 Schaltspiele geeignet. (Bild: Siemens AG)
Konsequenzen für die Schalttechnik
Erneuerbare Energien haben in der EU in den letzten Jahren stark zugenommen. In Deutschland beispielsweise stammten im Jahr 2018 erstmals fast 40 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien – primär aus Solar- und Windkraftanlagen. Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) soll sich der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis 2050 auf mindestens 80 Prozent erhöhen. Damit dezentrale Versorgungssysteme effizient und sicher Energie bereitstellen können, müssen sich diese konsequent am Bedarf orientieren, betont eine bis heute maßgebliche Studie des VDE [„VDE Studie Dezentrale Energieversorgung 2020“, hg. von der Energietechnischen Gesellschaft (ETG) im VDE, 2007]. Dies bedeutet, dass sich die Erzeugungssysteme schnell dem aktuellen Bedarf nachführen lassen. Wie der VDE beobachtet, können bei schnellen Regelvorgängen Laständerungsgeschwindigkeiten von Sekundenbruchteilen erforderlich sein. Das stellt nicht zuletzt hohe Anforderungen an die Schaltanlagen auf allen Ebenen der elektrischen Energieversorgung: Die Zahl der erforderlichen Schaltvorgänge steigt, verglichen zu früher, um ein Vielfaches. Das gilt auch für Mittelspannungsschaltgeräte, wie sie beispielsweise auch in Ortsnetz-, Transformator- oder Übergabestationen zum Einsatz kommen. Angesichts von rund 600.000 solcher Stationen allein in Deutschland wird schon deutlich, welche zentrale Rolle die Betriebssicherheit auf Mittelspannungsebene für eine sichere elektrische Energieversorgung spielt. In dezentralen Versorgungssystemen gewinnen Mittelspannungs-Schaltgeräte aber noch zusätzliche Bedeutung: Sie sind auch dafür verantwortlich, dass kleinere Kraftwerke und Anlagen wie BHKWs nach Bedarf schnell und sicher zu- und abgeschaltet werden können. Deshalb müssen sie vor allem eine hohe Verfügbarkeit gewährleisten – und das mit einer möglichst langen Lebensdauer mit minimalem Wartungsaufwand. Aus diesem Grund entscheidet sich inzwischen die überwiegende Mehrheit aller Netzbetreiber für wartungsarme bzw. wartungsfreie Vakuum-Schalttechnik. Vakuum-Schalter arbeiten mit hermetisch dichten Vakuum-Schaltröhren. Der besondere Vorteil: Das Kontaktsystem befindet sich im Vakuum, wodurch die Schalteigenschaften über den gesamten Lebenszyklus hinweg gleichbleiben.