Handstanzenserie erhält ein Update

Viel mehr als Löcher

"Wir machen Löcher". So stellte die Werkzeugmanufaktur Alfra auf ihrer ehemaligen Homepage einen der Kernbereiche des Unternehmens dar. Klingt einfach, ist es aber nicht. Denn Loch ist nicht gleich Loch und stellt Entwickler und Konstrukteure vor vielfältige Herausforderungen. Alfra, die laut eigenen Angaben als Erfinderin des Dreispalt-Blechlochers gilt, vertreibt bereits seit Ende der 70er Jahre entsprechende Betätigungshilfen für ihr Locher-Sortiment. Dazu gehören auch hydraulische Handstanzen. Wie alle Geräte aus dem Firmenprogramm werden diese ständig den Erfordernissen der Schaltschrankbaubranche angepasst. Momentan steht erneut ein Update für diese Produktlinie an.
Alfra hat vier verschiedene Stanzen für unterschiedliche Aufgaben im Schaltschrankbau entwickelt. – Bild: Alfra GmbH

Gehäuse-Ausbrüche für Steckverbinder, Schalter oder Kabelverbindungen gehören im Schaltschrankbau zu den täglichen Aufgaben. Stichsägen sind zwar ein mögliches Mittel, verursachen jedoch Lärm und vor allem Metallspäne, die das Risiko eines Kurzschlusses erhöhen. Blechlocher hingegen sorgen für gratfreie Kanten und beugen so auch der Gefahr vor, dass Kabel aufscheuern, die durch die Öffnungen geführt werden. Damit die Schneidgeometrie des Werkzeugs ideal zum Einsatz kommt, muss entweder Muskelkraft, oder eine hydraulische Alternative die nötigen Newton erzeugen. Eine komfortable Option zur manuellen Betätigung per Zugschraube sind Handstanzen. Insbesondere wenn ein Anwender eine hohe Anzahl von Öffnungen am Schaltschrank bewältigen muss, erleichtern die spezialisierten Geräte die Abläufe. Auf der Hand liegen Vorteile wie Zeit- und Krafteffizienz. Ebenfalls ein Thema im Schaltschrankbau sind IP-Schutzklassen, die Voraussetzungen für den Schutz von Gehäusen, Verschraubungen oder schweren Steckverbindungen vor äußeren Einflüssen definieren. Damit z.B Fremdkörper oder Sprühwasser keinen Schaden anrichtet, dürfen die bearbeiteten Bleche beim Stanzen nicht verbogen werden. Ein weiterer Pluspunkt: Blechlocher arbeiten millimetergenau, womit der Schaltschrankbauer seine Vorgaben präzise umsetzt.

Produktfamilie mit vielen Talenten

Unterschiedliche Arbeitssituationen erfordern eine genaue Ausrichtung des Geräts auf die jeweiligen Anforderungen. Deshalb hat Alfra vier verschiedene Stanzen entwickelt. Dazu gehören unter anderem das Basismodell Compact und die Version CompactCombi mit einem um 90 Grad drehbarem Zylinderkopf für den Fall einer schwer zugänglichen Arbeitsumgebung. Noch flexibler ist die Variante Compact Flex mit hydraulischem Schlauch, die auch im Akkubetrieb erhältlich ist – z.B. für Anwendungen im besonders engen oder bereits bestückten Schaltschrank. „Alle vier Stanzen sind für den Betrieb mit Rund- und Formlochern konzipiert“, so Entwicklungschef Klaus Pfeifer. Je nach Durchmesser des Rundlochs sind Anwendungen in bis zu 2mm oder bis zu 3mm dickem Stahl, sowie in bis 1,5mm oder bis zu 2mm starkem Edelstahl möglich. „In Verbindung mit Formlochern sind abhängig von den Maßen ebenfalls Ausbrüche in bis zu 3mm dickem Stahlblech und bis zu 2mm dickem Edelstahl kein Problem für die hydraulischen Stanzen“, erklärt er. Alle Stanzen arbeiten mit 75kN Kraft und entwickeln einen maximalen Betriebsdruck von 680bar. „Um zu prüfen, ob dieser Druck lange genug aufrechterhalten wird, durchlaufen unsere Stanzen nach der Montage eine Teststation, die Alfra gemeinsam mit der Technische Universität Chemnitz entwickelt hat“, so Pfeifer.

Bild 2 | Eine Teststation hat Alfra gemeinsam mit der TU Chemnitz entwickelt.
Bild 2 | Eine Teststation hat Alfra gemeinsam mit der TU Chemnitz entwickelt.Bild: Alfra GmbH

Neues aus der Entwicklungsabteilung

Insbesondere wenn das Arbeitspensum im Schaltschrankbau sehr viele Ausstanzungen in kurzer Zeit erfordert, ergeben akkubetriebene Stanzen Sinn. Deshalb steht die Nachfolgerin der ehemaligen Akku Compact als akkubetriebenes Basismodell schon seit längerer Zeit auf dem Plan der findigen Köpfe in der Alfra-Technik. Momentan befindet sich die Neuheit kurz vor der Testphase, in der der Prototyp von ausgewählten Anwendern in der Praxis geprüft wird. Generell ist es Ziel der Konstrukteure, das Handstanzenprogramm im Takt, den die Schaltschrankbaubranche vorgibt, weiter zu entwickeln. Für eine Idee, die einem häufigen Missgeschick während der Anwendung vorbeugt, hat Alfra im Januar ein zehn Jahre gültiges Gebrauchsmuster erhalten. Die Ausgangslage: Um die dem Stempel vorgelagerten Bauteile möglichst nah an die zu stanzende Schaltschrankwand zu bringen ‚fädelt‘ der Nutzer die Schraube, mit der diese Elemente verbunden sind, durch ein vorgebohrtes Loch und verschraubt sie auf der gegenüberliegenden Seite des zu stanzenden Materials mit dem Stempel. Wenn der Schaltschrankbauer für den nächsten Stanzvorgang den Stempel wieder von der Schraube entfernt, genügt ein Moment der Unachtsamkeit und die Bauteile fallen herab. Hierbei ist es nicht nur lästig, nach den Einzelteilen zu suchen – es können auch Schäden am Gehäuse entstehen. Um genau dies zu verhindern, hat das Alfra-Technik-Team verschiedene Konzepte entwickelt, wie gezielt angebrachte Stab-Magnete die absturzgefährdeten Teile fixieren können. Die konkrete Umsetzung dieser Produktverbesserung ist bereits in die Marktanlaufphase eingetreten.

Das Besondere als Ansporn

Als produzierendes Unternehmen ergreift Alfra darüber hinaus die Chance, Sonderlocher zu konstruieren, wenn ein Kunde für ein Projekt Öffnungen mit individuellen Maßen ausstanzen muss. Die technische Abteilung prüft, ob der Auftrag umsetzbar ist. Nach Angebot und Zeichnung wird die Sonderanfertigung in einem der Alfra-Werke hergestellt. Ein Beispiel: Für eine bekannte Rennwagenserie entstanden in den Alfra-Werken in Hockenheim und Herborn Sonderlocher für Öffnungen im Fahrzeuggehäuse – unter anderem zur Kabelführung und für Steg-Durchbrüche.

www.alfra.de

ALFRA GmbH

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