Die Anforderungen für Schaltschränke in den USA befinden sich im Wandel

Die Anforderungen für Schaltschränke in
den USA befinden sich im Wandel

„Die Arbeit wird erleichtert“

Wer Schalt- und Steuerschränke in den nordamerikanischen Markt einführen möchte, kommt am UL-Standard 508A kaum vorbei. Zwar handelt es sich hier, wie bei den meisten Normen und Standards, nicht um eine rechtsverbindliche Vorschrift, allerdings kann eine Nichtbeachtung zu erheblichen Problemen bei der Installation von Anlagen in den USA führen. Der Anwendungsstandard UL 508A definiert dabei Anforderungen an die elektrische Sicherheit von Steuerschaltschränken, um Personen- und Sachschäden zu vermeiden. Jüngst wurden an diesem Standard umfangreiche Modifizierungen vorgenommen. Über Art und Auswirkungen dieser Neuerungen unterhielt sich SCHALTSCHRANKBAU-Redakteur Jürgen Wirtz am Rande des Network SSB 2018 in Essen mit Dirk Müller, Manager Principal Engineers Energy & Power Technologies bei UL International Germany.

 Der Anwendungsstandard UL 508A ist für alle Schaltschrankbauer maßgeblich, die ihre Anlagen nach Nordamerika exportieren. (Bild: UL International Germany GmbH)

Der Anwendungsstandard UL 508A ist für alle Schaltschrankbauer maßgeblich, die ihre Anlagen nach Nordamerika exportieren. (Bild: UL International Germany GmbH)

Herr Müller, wie hoch ist Ihrer Erfahrung nach der Anteil deutscher Schaltanlagenbauer, die in die USA exportieren? Hängt dies möglicherweise von der Betriebsgröße ab?

Dirk Müller: Ohne belastbare Zahlen nennen zu können: Der Anteil deutscher Schaltschrankbauer, die ihre Produkte in den nordamerikanischen Markt exportieren, ist außerordentlich hoch. Hinsichtlich der Betriebsgröße erstreckt sich dieser Anteil über eine enorme Bandbreite. Wir haben bei den Schaltanlagen-Zulassungen – wir reden da vom sogenannten Panel Shop-Programm – Hersteller mit zwei Mitarbeitern, aber auch Betriebe mit mehreren Tausend Mitarbeitern. Üblicherweise sind es Betriebe mit 50 bis 200 Beschäftigten. Ähnlich wie der Maschinenbau ist der europäische, vor allem aber der deutsche Schaltanlagenbau hier sehr gut aufgestellt und hat einen erstklassigen Ruf. Entsprechend hoch ist auch die Exportrate. Amerika ist, was Schaltschränke und Maschinen anbelangt, gegenwärtig sicherlich ein boomender Markt.

Gibt es bestimmte Anwendungsschwerpunkte, die dabei bedient werden?

Müller: Die Anwendungspalette ist sehr breit gefächert. Sicherlich gibt es einen großen Schwerpunkt im Bereich Maschinen- und Anlagenbau oder der Automobilindustrie, aber auch Schaltschränke, die CNC-, Dreh- oder Fräsmaschinen steuern, sind sehr gefragt.

Nun sind beim für den Export von Steuer- und Schaltschränken maßgeblichen Standard UL 508A zahlreiche Änderungen vorgenommen worden. Was ist der Hintergrund dafür, dass sich die Anforderungen ändern?

Müller: Aus meiner Sicht gibt es hauptsächlich zwei Beweggründe, warum die Änderungen jetzt so geballt vorgenommen wurden. Der eine Grund ist, dass es sich bei 508A um einen relativ jungen Standard handelt, wenn man diesen mit anderen klassischen Normen vergleicht. Die erste Version ist am 25. April 2001 erschienen. Die zweite Ausgabe stammt aus dem Jahr 2013. Zwischen dem Erscheinen von Normen und deren Implementierung vergeht häufig eine beträchtliche Zeit. Irgendwann ist dann ein Punkt erreicht, an dem die Anwendungen rapide zunehmen und auch in die Breite gehen. Dieser Punkt, an dem ein ursprünglicher Standard der praktischen Realität angepasst werden muss, ist jetzt erreicht. Zudem sind viele Sonderschaltschränke hinzugekommen, die zuvor durch keine eigene Norm abgedeckt waren. Hierzu zählen etwa Schaltschränke, die bei Vergnügungsparks eingesetzt werden und beispielsweise Fahrgeschäfte steuern, die besonderen Umgebungseinflüssen ausgesetzt sind. Diese Applikationen fallen jetzt unter den Schirm der UL 508A. Ein anderes Beispiel sind Schaltschränke für Bewässerungssysteme. Hinzu kommt, dass solche Anwendungen immer mehr automatisiert werden. Früher kamen hier zwei Schalter zum Einsatz, und das war es. Heute sind die Fahrgeschäfte in Vergnügungsparks hoch automatisiert. Durch diese Entwicklung muss normativ eine Grundlage geschaffen werden, damit diese technischen Einrichtungen sicher sind. Dies ist ein Grund dafür, dass die 508A derart erweitert und angepasst wurde. Den zweiten Hauptgrund sehe ich darin, dass sich die Art und Weise, wie Schaltschränke heute gebaut werden, massiv weiterentwickelt hat. Der Schaltschrankbau heute und der Schaltschrankbau von vor zehn Jahren sind nicht mehr vergleichbar. So hat z.B. auch die LED-Technologie Einzug in den Schaltschrankbau gehalten.. Diese Änderungen müssen dann auch normativ nachgeführt werden. Das sind aus meiner Sicht die hauptsächlichen Beweggründe für die Änderungen in der UL 508A.

Ab wann oder seit wann gelten die Änderungen in der UL 508A?

Müller: Die Änderungen, über die wir jetzt reden, sind in der letzten Ausgabe der 508A vom 11. Juli 2017 eingearbeitet und können ab sofort angewendet werden. Es gibt noch eine Reihe weiterer geplanter Änderungen, die zum Teil im Normenkomitee diskutiert wurden und im Prinzip schon abgenickt sind, aber wo die finale Abstimmung noch nicht abgeschlossen ist. Diese werden dann voraussichtlich im Spätsommer diesen Jahres in Kraft treten.

 

„Amerika ist, was Schaltschränke und Maschinen anbelangt, gegenwärtig sicherlich ein boomender Markt.“

Dirk Müller, UL International Germany GmbH

 

Wie setzt sich denn das Normenkomitee zusammen?

Müller: Im 508A-Normenkomitee sind, wie bei allen Gremien, die unter den ANSI (American National Standards Institute) – das amerikanische Äquivalent zum deutschen DIN – fallen, unterschiedliche Nutzergruppen vertreten. Hierzu zählen Schaltanlagenbauer, aber auch Anwender sowie Firmen der sogenannten Supply Chain, also für den Schaltschrankbau relevante Komponentenhersteller. Zudem gibt es noch andere interessierte Stellen. Das können beispielsweise staatliche Stellen sein. Wenn z.B. an der Norm für Rettungswesten gearbeitet wird, ist immer jemand von der Coast Guard dabei, da hier die Praxis-Expertise liegt. Eine andere Personengruppe sind Mitarbeiter von Zertifizierungsstellen, also durchaus auch Marktbegleiter von UL.

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