Fehlerquote runter, Durchsatz und Qualität rauf

Im nächsten Schritt wurde das 3D-Schaltschrankplanungstool Eplan Pro Panel eingeführt. (Bild: Meurer-etechnik GmbH & Co. KG)

Schaltplanerstellung auf Knopfdruck

Gegenwärtig befindet sich Meurer-etechnik in Phase 4 des Projektes, die in der zweiten Jahreshälfte 2019 gestartet wurde. Dieser ebenfalls sehr zeitaufwändige Projektabschnitt hat das Ziel, die Schaltplanerstellung nach dem Vorbild der Produktion zu teilautomatisieren. Realisiert wird dies mit der Software Eplan Cogineer. Im Planungsbüro übernahm diese Aufgabe ein Mitarbeiter, der weitestgehend vom Tagesgeschäft entbunden wurde und sich zu 90 Prozent der „Schaltplangenerierung auf Knpofdruck“ widmet. Cogineer lebt von seiner Makrosammlung, also Makrokästen, in denen die Daten der Bauteile für den Schaltschrank hinterlegt sind. Die Software verwaltet all diese kleinen Makrokästen und der Planer erstellt über Auswählen und Klicken komplette Schaltpläne. Auch Zubehörteile können bereits vorkonfiguriert werden. Wird beispielsweise ein Hauptschalter mit 100A ausgewählt, werden dem Planer ausschließlich die Zubehörteile für diesen Hauptschaltertyp angeboten. Der Aufwand für die Planungsabteilung besteht in der Erarbeitung der Makros. Die ersten Konfiguratoren für die Schaltplanerstellung hat das technische Büro nun aufgebaut: 24V-Versorgung, Einspeisung, Energieverteilung, kommunaler Standard, Industriestandard, Standards für Großkunden und einen eigenen Meurer-etechnik-Standard. Ein weiteres Beispiel für nennenswerte Arbeitserleichterungen: Der rheinland-pfälzische Schaltschrankbauer verwendet Basis-Schienensysteme der Anbieter Rittal, Siemens und Wöhner. Wählt der Planer zu Beginn der Schaltplanerstellung ein bestimmtes Basissystem aus, werden ihm ausschließlich die für dieses System passenden Adapter angeboten. Wird ein Blitzschutz an einer Einspeisung über 125A gewünscht, berücksichtigt die Software automatisch den Einbau eines NH-Trenners. Würde der Planer alle Komponenten händisch in den Schaltplan einpflegen, nähme dies erheblich mehr Zeit in Anspruch. Die Erstellung der Makros erfolgt so umfassend und detailliert wie möglich, das heißt bei Projektbeginn geht der Planer immer von einem Vollausbau aus. Das nicht benötigte Material entfernt er entsprechend mit wenigen Klicks. Zur Beschäftigung mit Cogineer kommt für den für das Projekt betrauten Mitarbeiter noch die Datenpflege in Bezug auf die anderen im Einsatz befindlichen Systeme wie CNC-Bearbeitungszentrum, Drahtkonfektionierung und Beschriftung. „Mittlerweile ist der Kollege so tief in die unterschiedlichen Software-Tools eingetaucht, dass ihm die regulären Hotlines unserer Zulieferer bei Fragen kaum noch weiterhelfen können. Daher wird er immer öfter mit den Entwicklungsabteilungen verbunden. Teilweise haben die Hersteller auch schon auf seine Hinweise hin Optimierungen ihrer eigenen Software vorgenommen“, schmunzelt Prokurist Florian Löhr. Er zeigt sich sehr zufrieden mit dem Fortschritt bei der automatisierten Schaltplanerstellung: „Einmal getestet, funktionieren die Makros sehr gut. In der Drahtkonfektionierung beispielsweise ist immer alles komplett, die Querschnitte sind immer richtig. Sollte sich einmal ein Parameter ändern, müssen wir die Master-Datei nur entsprechend anpassen. Danach kann der Planer sofort wieder darauf zurückgreifen. Auch hier hat sich die Fehlerquote deutlich reduziert.“ Löhr stellt allerdings auch klar, dass das Thema Makros keineswegs abgeschlossen ist: „Für den Bereich Einspeisung haben wir mittlerweile 90 bis 95 Prozent der möglichen Anwendungen über den Cogineer abgedeckt. Sukzessive werden wir uns als nächstes in anderen Bereichen wie SPS, Sicherheitstechnik, etc. vorarbeiten.“

I Dies war die Grundlage für die automatisierte Drahtkonfektionierung in Phase 3. (Bild: Meurer-etechnik GmbH & Co. KG)

I Dies war die Grundlage für die automatisierte Drahtkonfektionierung in Phase 3. (Bild: Meurer-etechnik GmbH & Co. KG)

Zwischenbilanz und nächste Schritte

In einer Art Zwischenbilanz des Projektes Evolution Schaltschrankbau konstatiert Dietmar Meurer: „Alles in allem wird der Schaltschrankbau in der Losgröße 1 für mich durch die getroffenen Maßnahmen nicht billiger. Die Mehrkosten, die im technischen Büro anfallen, sparen wir in der Fertigung ein. Aber ich erziele mit den durchgeführten Digitalisierungsmaßnahmen einen viel höheren Durchsatz. Die Qualität sowohl in der Planung als auch in der Fertigung hat sich erhöht. Daher haben wir es in der Endabnahme mit einer geringeren Fehlerquote zu tun. Falsche Querschnitte in der Verdrahtung oder fehlerhaftes Routen kommen praktisch nicht mehr vor. Unseren Kunden können wir eine sehr hochwertige Dokumentation ihrer Schaltanlage an die Hand geben, was für ein positives Feedback gesorgt hat.“ In jedem Fall würde er den begonnenen Weg wieder einschlagen, da er seine Wettbewerbsfähigkeit dadurch deutlich gesteigert sieht. Allerdings räumt Meurer ein, dass ein inhabergeführtes Unternehmen hinsichtlich der zu treffenden Entscheidungen im Vorteil ist: „Wäre ich ein angestellter Geschäftsführer, der Investitionen erst vor Inhabern rechtfertigen müsste, hätte ich unter Umständen Probleme bekommen.“ Bewährt habe sich auch der regelmäßige Austausch mit der Fachhochschule des Mittelstands in Köln, weil dadurch wichtige und vor allem herstellerneutrale Anregungen von außen in seinen Betrieb einflössen. Möglicherweise resultierten aus der Zusammenarbeit mittelfristig auch konkrete Projekte, aber da möchte sich der Firmeninhaber nicht zu tief in die Karten schauen lassen. Und wie sehen die nächsten Schritte bei der Evolution Schaltschrankbau aus? Neben der bereits erwähnten Erarbeitung weiterer Makros bei der automatisierten Schaltplanerstellung wäre eine teilautomatisierte Angebotserstellung wünschenswert, denn auch hier könne man sich durch Geschwindigkeit Wettbewerbsvorteile sichern, da die Kundenansprüche ständig zunähmen. „Im Bereich Fertigung wäre für uns eine automatisierte Klemmleistenbestückung und -beschriftung interessant. Da aber hier ausschließlich proprietäre Lösungen der jeweiligen Klemmenanbieter auf dem Markt sind und wir Klemmen von drei unterschiedlichen Herstellern verarbeiten, macht dies derzeit keinen Sinn. Unsere entsprechenden Arbeitsplätze werden wir vorerst lediglich mit Blick auf eine verbesserte Ergonomie überarbeiten“, sagt Dietmar Meurer. In einem der nächsten Schritte wird der Schaltanlagenbauer aber auf jeden Fall eine getaktete Montage einführen. Bei diesem Prinzip wird der Montageablauf eines Schaltschranks in mehrere Montagezyklen unterteilt, in denen fest definierte Arbeitsabläufe gebündelt sind und ausgeführt werden. Beispiele aus anderen Branchen haben gezeigt, dass sich hierdurch der Produktionsprozess übersichtlicher und flüssiger gestalten lässt und Arbeitsplatz- und Ablaufgestaltung einfacher zu optimieren sind, da es seltener zu Störungen kommt. Zudem werden durch eine getaktete Montage Material- und Informationsflüsse häufig transparenter. Langeweile droht bei Meurer-etechnik in Großmaischeid jedenfalls nicht aufzukommen. (jwz)

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